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sich auch des Gewebes Zeichnung, welches der Maler, der
friedlichen Heimstätte entlehnend, mit Stift und Pinsel auf
den unverwüstlichen Stuck der Grabkalnmer Wände ver-
ewigend übertrug, um so den Eindruck eines mit Teppichen
bekleideten Gemaches, wie es im Oriente jederzeit ge-
bräuchlich War, hervorzubringen. Daneben sehen Wir die
Wände der Todtemvohnung zumeist mit Scenen fröhlicher
Tage geschmückt, die durch horizontal- und vertikal dahin-
laufende Kolumnen mit Hieroglyphcnsehritt ihre lineare
Ergänzung und Erklärung finden. Die Webekunst Wcbekunst
gewiss die älteste von allen Künsten legt uns wie "Ijfl Farben-
die Malerei die Frage nach dem erforderlichen Farben-
lnatcrial, und die weitere nach den jeweil benutzten Binde-
mittcln nahe. Diese Fragen sind eben hier von um so
grössercr Wichtigkeit, als die Aegypter auf diesem Ge-
biete überraschende Blahigkeiten verrathen. So schreibt
Pliniusl) denselben die Kunst zu, scheinbar einfarbige
Stoffe in Flüssigkeiten zu tauchen und sie mit Mustern
versehen herauszuziehen; ein Verfahren, das schon früh
bekannt gewesen sein soll. (Durch ähnliche technische
Processc sollen auch die Töpfer Figuren und Muster her-
vorgebracht haben) Vergleichen wir hiermit die uns in
überschwenglichen Ausdrücken gerühmte Textilindustrie
Alexandrieds unter den Ptolomäern wie auch noch unter
römischer Herrschaft, und erfahren, dass man, abgesehen
von jenem durch Schönheit und Dauer bestimmten Werthe,
kunstreiehe Gemäldestickereien und farben- wie {iguren-
reiche Borden in Gobelinmanier dort auszuführen ver-
Standenß) dann setzt die so weit vorgesehrittene Nadel-
lhalcrei und Webekunst eine in gleichem Tempo fort-
gesehrittene Farbenfabrikation und Farbekiinst voraus.
1) Plin. Hist. nat. lib. XXXV, C. 42.
2) WVas die von Canonieus Dr. Fr. Bock in Aegypten gesammelten,
aus Gräbern stammexirlen Stotfreste bestätigen. Des Weiteren mag
hier eine Bemerkung Ebers (Aegypten B. 1. S. 6.) Platz Bilden, er sagt:
"Der YViencr Kaufherr Th. Graf hat vor zwei Jahren (1884) einen
grißchiselx-röinisehen Friedhof entdeckt und freigelegt, in dem die
Leichen, welche hier vom Ende des vierten bis in's siebente Jahrhundert
Chr. beigesetzt worden sind, in ihren Prachtgexxiiiiidern bestattet
lagen. Männer, Frauen- und besonders zahlreiche Kinderleichen sind
Yen dem genannten Herrn zu Tage gefördert werden, und die Kleider,
in denen man sie in die Erde gesenkt hatte, und welche gegenwärtig
311 YVien konservirt werden, lehren, eine wie hohe Entwickelung die
rßXtilindilstrie schon in jenen friihen Tagen erreicht hatte".