Volltext: Studien zur Geschichte der Oelfarbentechnik

Ueber die erste Verwendung der trocknenden fetten 
Qele zur Malerei sind wir ohne bestimmte Nachricht. Es 
1st dies gewiss auffallend; und um so merkwürdiger, als 
sich das Bestreben, jene Oele zu gewerblichen und deeo- 
rativen Zwecken zu verwenden, nicht allein durch alle 
Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung, sondern weit 
zurück über diese hinaus verfolgen lässt.  Vitruv, dergeberqilas I?" 
uns über das Kunst-Wissen der augusteisehen Zeit berichtet,  
kennt den Gebrauch von Oel-Waehsl) Plmius unter- Oele und die 
 Verwendung 
1  des Wachses. 
) Vitruv, B. VII, C. 9, 3.  
Den Gebrauch dieser Mischung, dieser Verbindung dürfen wir als 
weit zuriickreichend annehmen, denn wie wären sonst wohl Homers „roth- 
geschnäbelte" oder "rothwangige" Meerschitfe zu erklären. Od. IX; 
125, 482. I1. II. 637, 644. Hier sei noch ganz besonders auf 
K. H. F. Grashof: das Schiff bei Homer und Hesiod verwiesen, wo sich 
Seite 15 und weiter der farbige Anstrich der Odysseusüschen Schiffe ein- 
gehend besprochen iindet.  Ist nun die diesbezügliche Technik auch 
ein von den Gelehrten noch viel umstrittenes Feld, der Gebrauch einer 
(Jel-Wachs-lilischung steht jedoch ausser allem Zweifel, und hat sich bis 
{I1 den spätesten Zeiten erhalten, dazu in einem Masse, dass einige 
btellen aus den Klassikern mit Rücksicht auf die übertriebene Bemalung 
der Schiffe kaum anders als satyrisch aufgefasst werden können. 
 Bei Athenaeus (lib. V; C. 9; p. 286) iindet sich ein Bericht 
des Kallisthenes über des Ptolemacus Philopator Schiffe, wo es heisst: 
"Habebat enim cum in puppi, tum in prora, iiguras haud minores 
dllüdecim eubitis: et quilibet ejus locus cerea pictura variega- 
tus erat." 
 Vom Bemalen der Kriegs- und selbst der Last-schiffe spricht auch 
Plmius (B. XXXV. C. 31), und bemerkt in fast höhnendem Tone: "ein 
Verfahren, welches      jetzt sogar schon     gewöhnlich ist, weil 
Wll' auch die Gefahren ausmalen" (die Schiffe, auf welchen wir den Ge- 
fahren des Meeres und des Kampfes trotzen) und sich also Niemand zu 
Wundern braucht, dass wir auch die Scheiterhaufen malen, und weil es 
den zum Kampfe Ausziehenden behagt, zum Tode oder doch wenigstens 
zum Morde prachtvoll zu fahren". 
Auch Livius XXVIII, 45. 15.  Appulej. Flor. p. 149. 
Flav. Philostratils (gegen den Ausgang des 2. Jahrhunderts n. 
01m) bespricht an zwölfter Stelle ein Bild der durch ihn bekannt ge- 
wordenen Gemäldesammlung zu Neapel. „BOSp01'llS; Land und See auf's 
manmgfaltigste und herrlichste belebt", und heisst es dort:     „Ob
	        
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