223
dass sich in ihm die Redeweise des gemeinen Volkes, die Sprache
des Feldbauers, des Handwerkers, des Fischers, des Handel-
treibenden u. s. w. erhalten hat. Neue Begriffe brachten diesen
Tschakoniern auch neue Wörter, ohne deswegen den Grundton
der herkömmlichen, niemals ausgestorbenen Sprache der
Vorfahren urnzuschnielzen."
Eine eingehende Untersuchung der symbolischen Bedeu-
tung des Granatapfels dürfte an dieser Stelle kaum zulässig sein,
obschon es erfahrungsgemäss feststeht, dass gerade die nähere
Durchforschung solcher Nebendinge sehr häufig zu überraschenden
Resultaten geführt hat. Da es aber von grosser Wichtigkeit ist,
den Zusammenhang zwischen den heute noch bei den Süd-Slaven
geübten Gebräuchen und jenen der alten Hellenen nachzuweisen,
so werden mir einige kurze, diesbezügliche Hinweise gestattet
sein, umsomehr, als es sich nicht etwa um die Fortsetzung be-
deutungslosei" Gewohnheiten, sondern um alte, in der Mythologie
der Griechen tief wurzelnde, erhabenen Sinnes volle Gebräuche
handelt. Erblicken wir in der Hand Juno,s oder Hera's die
Granatfrucht, dann erscheint sie mit Rücksicht auf das, was
Geppert S. 57 sagt, mehr als ein Symbol rein physischer Art,
„denn Juno ist es, die Alles ans Licht bringt, was im Reiche
der animalischen Natur schlummert und der Geburt entgegenreift,
und die somit das Schicksal der ungeborenen Keime in ihrer
Hand trägt". Eine weitere Erklärung zur Bedeutung des Granat-
apfels gieht uns die Sage von dessen Entstehung, derzufolge die
Granate einst aus dem tröpfelnden Blute des von Titanen zer-
rissenen Dionysos erwuchs. Dieser theilt mit Demeter das
Epithet: "Üeaitotpögog". Beide sind Gottheiten des Natursegens;
beider Gottheiten Feste finden sich in den Thesmophorien ver-
eint. In den Naturdienst des Dionysos aber senkt Demeter
wohlgeordnetes Wirken: sie giebt gemeinsames Leben, Bedeu-
tung des Eigenthums, mildere Sitten, kurz, jene das häusliche,
eheliche, das ländliche, städtische, wie staatliche Leben
bedingenden Gesetze; daher wird sie als Gesetzgeberin Avygujzqg
Üeogmzpögog verehrt. Eine weitere Bedeutung erkennen wir in
einer Stelle aus der homerischen Hymne an Demeter (V. 372 u. f);
hier lernen wir sie als eine Art SchicksalskosH) kennen. Die
"Hast du gekostet jedoch, um kehrest du, dass in dem Erd-
Sßhllllld
„Kiinftig ein Drittel der Zeit vom kreisenden Jahre du wohnest
"Doch zwei Thcile bei mir und anderen himmlischen Göttern.
"NVann mit Blumen die Erd' in des duftenden Lenzes Ernelumg