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Pinselmaterial und eine der gedachten Anforderungen ent-
sprechende Farbenbereitung. Für alles Dieses, wenn auch
des Protogenes 'I'afel verbrannt ist, fehlt es nicht an sichtbaren
Beweisen. B. Rode und Prof. A. Riem zu Berlin berichten
uns um das Jahr 1787, wie ein gewisser Calau ebendort das
punische oder eleodorische Wachs neuerftmden habe, worauf ich
schon an einer anderen Stelle dieses Buches verwiesen, und
erfahren wir aus der ziemlich eingehenden Besprechung dieser
Neuerfindung, dass sich dieses punische Wachs, welches er
verschieden bereitete zum Gründen und zur Zumischung
unter die Farben sowohl mit Wasser, als auch mit Leim
und allen Arten von Oelen und Oelfirnissen verbinden liess.
Calau sagt selbst, dass der Wachsgrund nicht bestimmt sei den
Grund zu festen, ihn dauerhafter zu machen, wohl aber den-
selben zu verschönern, zu glätten, ihn tadellos zu gestalten.
Was den Schmelz und die Zertheilbarkeit der Farbe anbelangt,
so habe ich in älteren persischen Handschriften 1) mit Miniaturen,
welche auf zartest geglättetem Pergamente ausgeführt waren,
eine geradezu räthselhafte Ausführung und eine für uns uner-
reichbare Sauberkeit und Eleganz in der Linienführung zu be-
wundern Gelegenheit gehabt. In Betreff der zur Ausführung
solcher Werke erforderlichen Pinsel will ich nur bemerken, dass
ich schon seit mehr denn dreissig Jahren einen "chinesischen"
Pinsel besitze, mit dem eine Linienführung möglich ist, die von
keinem hierorts erhältlichen Fabrikate sei's Pinsel oder Feder
erreicht wird. Für Interessenten will ich beifügen, dass dieser
Pinsel in einem dünnen Bambus eingelassen ist, aufgetrocknet,
ganz kegelförmig bleibt, bei einer Länge von 19 mm an seiner
Basis 6 mm im Durchmesser hat, und noch unter einer scharfen
Kupferstecherloupe in tadelloser Spitze endigt. (Eine aufge-
klebte sowie eine eingeätzte Adresse sind darauf noch lesbar.)
Es wird wohl Jeder bei der eben gebrachten Darlegung die
Empfindung gehabt haben, dass uns die angestellte [lntersuchung
mehr und mehr auf das tireigenste Gebiet der Enkausten geführt
hat, und diese Vermuthung täuscht nicht, sie ist richtig. Diese
Erkenntniss ist aber lediglich als das Resultat unerbittlicher
Logik zu betrachten, die uns bei Verfolg der angeregten Frage
und Durchforschung der hier benöthigten Materialien von der
ersten Anwendung der Enkaustik zu jener "vollkommeneren
Malerei", wie Wiegmann sagt, zu jener als ein Oelmalverfahren
wir
1) Zum Orientc werden
zurückgewiesen sehen.
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unseren Untersuchungen stets
mit