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wenn wir denselben Berichterstatter über Delphi vernehmen.
Die Art seiner Darstellung der hier gesehenen Gemälde lässt
uns den Unterschied zwischen jenem hier und dort Geschauten
sogleich erkennen. Pausanias sagt im zehnten Buche: "Ober-
halb der Kassotis steht ein Gebäude mit Malereien des Polygnot;
es ist von den Knidiern gestiftet und wird von den Delphiern
Lesche genannt, weil man in alter Zeit hier zusammenkam, um
sich über ernste Dinge, wie über Gewöhnliches, zu unterhalten".
Da er sich eingehend von Kapitel 25 bis einschliesslich 31 über
jene Gemälde des grossen Thasiers verbreitet, so sei bei der
Wichtigkeit des Gegenstandes hier noch auf eine, in der König-
lichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin gelesene Abhand-
lung von F. G. Welcker: „Die Composition der Polygnotischen
Gemälde in der Lesche zu Delphi"; Berlin 1848 (gedruckt in
der Druckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften) zur
weiteren Untersuchung des Falles verwiesen. Zur Bestätigung
der eingangs dieser Anhangstelle ausgesprochenen Ansieht, dass
es ausser den immer und immer wieder angeführten, sagen wir,
fast gewohnheitsgemäss genannten Malverfahren noch andere,
vollkommenere Malweisen gegeben hat, bestätigt uns weiterhin
die Beschreibung eines Bildes, welches hier nicht unbesprochen
bleiben darf.
Cebes der Thebaner, nach Plato und Diogenes von Laerte
ein Schüler des Sokrates, bietet uns in anmuthiger Dichtung die
Darstellung eines allegorischen Gemäldes. Es ist ein Tafelbild,
ausserordentlich figurenreich, und den wechselvollen Scenen ent-
sprechend ist die Oertlichkeit geschildert. Lebhaft erinnert uns
die Beschreibung jenes Werkes an ein Bild Memling's in der
alten Pinakothek zu München: „Die sieben Freuden Maiden's";
und ebenso an die treffliehen Werke des Benozzo Gozzoli in
der Kapelle des Palastes Riccardi zu Florenz. Auf den unbe-
kannten Griechen Wie auch auf Memling scheint so recht zu
passen, iwas Ernst Förster in seinen „Denkmalen italienischer
Malerei" von dem florentiner Meister sagt. Es heisst dort:
aus der Schule Fra Giovanni Angelico da Fiesole's
hervorgegangen . hielt er sich ,im Bereich der Wirklich-
keit, und zwar um so lieber, als sie ihm in Mann und Weib,
in Kind und Greis, im Haus, am Brunnen, in Wald und Feld,
im Thier- und Pflanzenreich, in Berg und Thal, in Burgen und
Städten und Wohnstätten aller Art, kurz im ganzen Erdendasein
eine Welt voll Reize aufschloss, die er nur in die Hand zu
nehmen brauchte, um alles zu übertreffen, was eine noch so
reiche Phantasie ihm bieten konnte, und um zugleich dem all-