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99 eine Abbildung jenes heiligen Baumes, wie wir dieselbe
ähnlich bei Kaulen abgebildet tinden. Auf Seite 103 bespricht
ltiegl aber einen "phönikischen Palmettenbatun", wie er ihn heisst,
den er in einer Anmerkung selbst mit jenem sogenannten „hci-
ligen Baume" in Verbindung bringt und bemerkt: dass
„die Phöniker sich nicht mit der blossen Bereicherung der
"mittelländischen Ornamentik durch gleichmitssige Heranziehung
"der aus zwei verschiedenen Fonds entlehnten Elemente (z. B.
„des assyrischen Flechtbandes neben ägyptischem Zickzack) be-
"gnügt, sondern auch wenigstens ein Motiv, so viel wir sehen.
„und zwar eben ein Pllanzenmotiv in einer bestimmten, rein
"ornamentalen Weise weitergebildet. ist dies ein baumartig
nemporstrebendes, zusammengesetztes Motiv, das wir den phöni-
„kischen Palmettenbaum nennen wollen. Das dem phönikischen
„Palmettenbaum zu Grunde liegende Motiv ist die vertikale In- und
,,Üebereinanderschachtelung von Bliithenkelchen, die zu oberst
"von einem vegetabilischen Strahlenbüschehbekrönt erscheinen.
"Sybel hat dieses Motiv als Bouquct bezeichnet. Es Findet sich
„nicht selten angewendet in der Kunst des neuen Reiches in
„Aegypten." Biegl gibt dann aus Prisse (Ornementation des
plafonds: legendes et symboles, XVIlI. Dvn.) einen solch' ägyp-
tischen Palmettenbaum.
Ueber die einzelnen Bezeichnungen zur Erklärung (iieses
baumgestalteten Pllanzenmotivs sei bemerkt, dass es nicht noth-
wendig ist, sich dieses Ornament allein als künstlichen Aufbau
und gar aus Bltithenkelchen gebildet zu denken. Denn dies
"Lebensbaummotiv" tindet sich zum Beispiel ganz fertigt beim
Vertikalschnitt im sogenannten Gartcnkohl, Kopfkohl (Brassica
oleracea), und zwar dem Bothkraut, auch Kappiskohl und rothei-
Kappus genannt, gebildet. Die Nachahmung" der Structur eines
lärautgewächses in Assyrien wird um so wahrscheinlicher, wenn
wir die Verhältnisse des Landes in Betracht ziehen, das arm an
Holzwuchs, eine unglaubliche Fruehtbarkeif) in Getreide und
Feldfrüchten bot. Wollte man dennoch ein Baummotiv unter-
zu Ninive gefundenen Relief entnommen, wo es die Borte eines Ge-
wandes schmückt]
(An dieser Stelle ist aber noch einer von Blisehbaeli unter Platte
13GB seines Werkes: "Ornamente der Gewebe" gebraehten Wieder-
gabe eines Sieilianiseh-Sarazenisehen Stoffmusters zu gedenken, Welches
zwei, unter einem Baume gelagerte, sehnsiiehtig aufblickende Hindinnen
zeigt; Fischlmeh bezeichnet dieses Muster als Palermitanisehes Gewebe,
welches in das 12.-13. Ju-hrhundert zu versetzen sei.
Ilerodot, I. 193.