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Turchan Bog 1) ist's, ein Seldschuke, der Thessalien unter
türkische Botmässigkeit brachte, und der in die Zahl jener
seltenen und bevorzugten YVesen gehört, deren Trefflichkcit
und geniales Wirken Jahrhunderte umfasst, weil es unver-
siegbare Quellen des Segens und der Wohlfahrt auch
künftigen Geschlechtern öffnet. Er war es, der auch diese
Farbekräuter auf thessalisehen Boden übertrug, die Färber-
Industrie gründete und mit ihren Nebenzweigen, dem
Weben und Spinnen weiterentwickelte und für lange Zeit
blühenden Wohlstand dem Lande gab. Vieles hat sich
heute geändert; türkischroth-Fürbereien sind im Occidcnt
mittlerweile ein wichtiger Zweig der Industrie geworden
und die Erfolge auf dem Gebiete der Chemie lassen
scheinbar den Anbau der Krapppflanze zu Färbereizwecken
überflüssig erscheinen, da es ihr gelungen ist, jene Haupt-
farbestoffe des Krapps, das Alizarin und das Purpurin,
Stoffe, die sich chemisch und optisch wesentlich unter-
scheiden und sich dennoch gegenseitig ergänzen, seit etwa
fünfundzwanzig Jahren als Steinkohlentheerfarben aus dem
Anthracen künstlich darzustellen. Dies ist für uns inso-
weit gewiss wichtig zu wissen, als es die Nothwendigkeit-
zeigt, durchaus zuverlässige sichere Bezugsquellen für den
Krapp aufzusuchen, um vor einer Unterschiebung von
Steinkohlentheerproducten bewahrt zu bleiben! Die Gefahr
ist eine um so grössere, als die ganze Manipulation der
Lackcrzeugung, worüber Gentele ausführlich berichtet,
bei Anwendung des künstlichen Alizarins weit bequemer
als die Anwendung und Verarbeitung des Krapp's ist.
Die vielen Auswaschungen, Abkochungen, die grossen Ge-
fässe, Alles dies wird überflüssig, denn die künstlichen
Farbstoffe sind in Aetzkalif) Actznatron und Ammoniak
schon kalt und in grosser Menge löslich, so dass die
1) klallmerayer, Frzigrn. aus d. Orient, XII. .
2) Auch Kalihydrat, Aetzstein genannt; in der Chirurgie unter
dem Mamen Kali cansticzum fusum oder Lapis eanstieus angewandt. Die
wasserige Lösung, für die Verseifung von Betten und Oelen Wichtig, ist
die sogenannte Kalilauge, die man dadurch gewinnt, indem man kohlen-
saures Kaliumoxyd oder Kali bei Koehhitze in WVassei' löst und durch-
gebrannten Kalk (Calciumoxyd) zerlegt. Bei diesem Vorgange nimmt
der (lurch das Brennen der Kohlensäure beraubte Kalk die Kohlensäure
des Kali auf, der Kalk wird dadurch, was er vor dem Brennen gewesen
ist: kohlensaurer Kalk, der nun in Wasser Ilnlöslieh sich zu Boden
schlägt; das Kaliumoxyd oder vielmehr Kaliumoxydhydrat bleibt gelöst.
Genau derselbe Vorgang wiederholt sich beim Aetznatrnn.