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einzustellen, deren unterster Raum mit Essig gefüllt war.
Man stellte diese Töpfe in dafür bereitete Gruben, bedeckte
sie, wenn die Töpfe noch mit einer Bleiplatte geschlossen
waren, dicht mit einer doppelten Lage von Holzbohlen und
umschloss das Ganze, zu den Seiten wie oben auf mit
einer circa 40 Ctrn. starken Schichte frischen Stalldüngers,
der Wärme und Kohlensäure abzugeben bestimmt war.
An Stelle des Stallmistes gebrauchte man auch die schon
benutzte Gerberlohe, die bei ihrer Verwesung denselben
Dienst verrichtete. Das mit Lohe erzielte Bleiweiss war
das schönere Produkt, eine Farbe von so reiner Weisse
konnte Stallmist nicht erzeugen. Die verwesenden thieri-
sehen Exeremente erzeugen nämlich Schwefelwasserstoff,
welcher die Bildung von Schwefelblei herbeiführt und da-
mit die Weisse beeinträchtigt. Dünger, welcher von
Schweinen stammt, konnte durchaus nicht gebraucht werden,
weil derselbe so grosse Mengen von Schwefelwasserstoff ent-
wickelt, dass das Bleiweiss stets einen grauen Stich erhielt.
Das Bleiweiss kommt in Form von Broden (flachen
abgcstutzten Kegeln) und auch in Pulverform in den
Handel. Es wird mit fein gemahlenem Sehwerspath
gefälscht, welcher die Deckkraft der Farbe beeinträchtigt.
Das reine Bleiweiss stellt in gedachte]: Form eine schwer
zu zerbrechende, glänzende Masse dar, und dieses Aus-
sehen bietet eine Garantie gegen die Verfälschung mit
Schwerspath. Das mit Schwerspath verfälschte Bleiweiss
zeigt einen unebenen, erdigen Bruch. Bevor Bleiweiss
zurOelfarbe angerieben werden kann, muss es erfahrungs-
gemäss drei- bis viermal mit reinem Wasser abgerieben
werden. Vor jeder Wiederholung des Reibens müssen die
auf reines Papier aufgesetzten kleinen Küchelchen oder Hüt-
chen staubfrei getrocknet sein; so erhält man schönes Weiss.
Zu 100 Gewichtstheilen Kremserweiss kommen I2 Ge-
wichtstheile Oel. 1) Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass
beim Reiben des Bleiweisses (Kremserweiss) Vorsicht nöthig
ist; namentlich beim Abreiben mit-Oel ist die Farbe ge-
sundheitsschädlich. Es empfiehlt sich, dabei ein feuchtes
Tuch oder einen angefeuchteten Schwamm über Mund und
Nase zu binden und, wenn möglich, bei geöffnetem Fenster
zu reiben.
1) Nncln den Angaben des
München. Siehe: Ueber Oelfarbc
Farbenfalyrikanteml Herrn
etc. von M. v. Pottenkofer.
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