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haben wir es heute weitaus bequemer, indem uns die
chemischen Fabriken eine grosse Summe von Farben und
Nüancen zu billigen und immer billigeren Preisen bieten.
Ist es aber deshalb besser? Können jene in Massen herge-
stellten Farbcn auch nur annähernd den Vergleich bestehen
mit den alten, und ienen heute noch im Oriente und in Europa
bei den schon im Verlaufe dieserSchrift erwähnten Süd-Slawen,
welche vielfach selbst aus Vegetabilien: Rinden, Blättern,
Wurzeln, Beeren etc. hergestellt sind, und durch Haltbar-
keit und Schönheit sich auszeichnen? Können wir heute,
sei es auf nassem oder trockenem Wege, auch nur
annähernd die Leuchtkraft, das Feuer und die Ergiebig-
keit des chinesischen Zinnobers erreichen? Das alte Ultra-
marin, das Lapislazuli, wurde derzeit mit Gold aufgewogen,
heute kauft man das Kilo besten, künstlich dargestellten
Ultramarins für wenige Mark; ist es aber deshalb für
den Künster besser geworden? Man sagt zwar, dass die
Bestandtheile des Lapis lazuli und des künstlich dargestell-
ten Ultramarins die gleichen seien, wenn das aber so ist,
woher kommen dann die verschiedenen Reactionen, die
doch nicht wegzuleugnen sind. Auch mag gerne zuge-
standen werden, dass unter diesen Kunstprodukten Proben
von überraschender Schönheit anzutreffen sind, aber das
Fabrikat ist noch weit, weit entfernt von jenem ebenso
unverwüstlichen wie unnachahmlichen, kostbaren tief-korn-
blumblauen Tone des Naturprodukts.
Ußber die Angesichts solcher Thatsaehen war es also kein wahres
Weiteren Voplfreimacllen, also keine fördernde, keine wirkliche Erleich-
theilc, welche . .
dem Lcmmbterung fur den Kunstschuler, als ihn die Akadenneaus-
den die alte bildung der Pflichten eines Lehrlings und Gesellen der
Küllstlßrwßrk- alten Kunstwerkstätten enthob. Sie entband ihn zwar von
Stätte bot vielen mehr handwerksmässigen Thatigkeiten, die, wie cr-
wiesen, nie störend, in sehr vielen Fällen aber fördernd
und nutzbringend geworden sind, da deren Erlernung den
Künsler frei, unabhängig, kurz, zum selbstständigen Manne
gemacht haben, und vergebens suchenwir nach einem Er-
satze für die mit den scheinbaren Belastungen genommenen
Vortheile. Man sollte auf vieles Abgeschaffte nicht mit
allzu grosser Geringschätzung hinblicken, denn darunter
befinden sich viele Dinge, die man kennen und können
muss! und zwar deshalb, um nicht bei höchst-wichtigen
Arbeiten ganz und gar auf Anderer Hülfe angewiesen zu
sein, über deren Fähigkeit ein Urtheil sich zu bilden die