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Was war vorgegangen? Waren die Bilder nach-
gedunkelt? Das musste bei der Nachprüfung der
Einzelheiten verneint werden. Auch an der Beleuch-
tung lag es nicht. Zwar ist sie in der Berliner
Akademie nicht glänzend, dafür aber in der Ham-
burger Kunsthalle fast zu stark.
Es muss schon sein, dass unser Auge eine
Wandlung durchgemacht hat. Wir haben im letzten
Jahrzehnt allesamt mehr Farbe ertragen und ver-
langen gelernt. Und sie ist uns in so mannig-
facher Gestalt entgegengetreten, dass Boecklin nun
nicht mehr, wie in den siebziger Jahren, als der
einzige originelle Farbenbringer erscheint, sondern
als ein durch persönliche Neigung und Entwickelung
bedingter und begrenzter Einzelfall. Er steht nun
nicht mehr allein allen voraus auf einem Vor-
posten des Kolorismus. Das Gros der Jugend ist
nach allen Richtungen nach- und vorausgeschwärmt,
hat auf anderen Wegen andere Ziele erreicht oder
hat von seinem Ziel aus weiter vorzudringen ver-
sucht, einmal wie manche Münchener in
Regionen, wo die Farbe wesentlich nur dekorativen
Wen hat, einmal wie die Worpsweder mit
der an der Anschauung südlicher Farbenpracht ent-
wickelten Intensität Boecklins die Eigenart eines
nordischen Landschaftsgebietes nachfühlend.