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kannte Kategorie, in die man Boecklins Bilder
hätte einreihen können. Es waren weder Historien-
noch Genrebilder, und Landschaften im herkömm-
lichen Sinn, wie man sie in der wVilla am Meera
von ihm kannte, waren sie auch nicht mehr. Sie
wollten anders gesehen werden als fast alles, was
es an zeitgenössischer Kunst gab. Vom Historien-
bild her war man gewöhnt, einen bekannten Vor-
gang dargestellt zu sehen oder mit Hilfe des Kata-
logs einen unbekannten zu erkennen. Das in
üppiger Blüte entfaltete Genrebild gab materiellen
Anlass zu leicht entzündbarer Belustigung, oder es
rief mit ebenso schnell und sicher wirkenden Mitteln
Gefühle
der
Trau er
hervor.
Die
Landschaft
ent-
fernte
sich
nicht
oder
doch
nicht
weit
VOII
dem
schon
durch
die
Holländer
oder
die
Klassiker
stellten
wohlbekannten
Boden.
Der
Genuss
der
erfordeüe
Ausstellungen und Museen neuerer Kunst erfor(
keine grosse Anstrengung.
Da erschienen Boecklins Bilder, die nichts
VOIl
alledem boten, auf die die gewohnte und bequeme
Technik des Ausstellungsbesuchs keine Anwendung
finden konnte, und wirkten wie Rätsel. Man war
gewohnt, die Kunst vorwiegend mit dem Verstande
zu betrachten, hier war eine neue Kunst, die ge-
fühlt werden wollte, und das Gefühl war nicht
geweckt.
Ich erinnere mich sehr lebhaft, dass in den
wilden Entrüstungsausbrüchen, die Boecklin zu An-
fang der achtziger Jahre in Berlin erregte, der Vor-