Vvenn spätere Geschlechter sich, was wir nicht
wissen können, so stark für historische Studien inter-
essieren, wie die drei ietzten Generationen, dann wird
es auch einmal eine umfassende Geschichte des
Kunsturteils geben, und das Jahrhundert, das wir
kaum noch wagen, das unsere zu nennen, wird darin
den Stoff für das lehrreichste, verschlungenste, trau-
rigste und amüsanteste Kapitel liefern.
Aus der Fülle der Ungerechtigkeit, mit der die
europäische Menschheit des neunzehnten Jahrhunderts
ihre führenden Geister überschüttet hat, wird sich
wie an einem Experiment nachweisen lassen, dass
die Fähigkeit des originellen Urteils ebenso selten
vorhanden ist, wie die Gabe der originellen Pro-
duktion, und dass in der Regel nicht einmal Klar-
heit herrscht über das Wesen des Urteils in künst-
lerischen Dingen.
Man pßegt zu meinen, dass es in der Anwendung
von Erfahrungen und Regeln, die aus den schon
vorhandenen Kunstwerken gewonnen sind, auf die
werdende oder eben neu gewordene Kunst besteht.