Volltext: Die Seele und das Kunstwerk

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Namen? Und wie viele von denen, die seinen 
Namen gehört haben, kennen ihn aus seinen Wer- 
ken? Von wie vielen, die ihn zu lesen versucht 
haben, dürfen wir annehmen dass sie ihn nicht nur 
deshalb gut finden, weil Leute, auf deren Urteil sie 
hören, ihn bewundern, sondern weil sie das Wehen 
seines Geistes in ihrer eigenen Seele verspürt haben? 
Unser Fluch, das Eigene gering zu achten und von 
weit her Idole zur Anbetung zu importieren, trägt 
einen Teil der Schuld. Romanschreiber aus Eng- 
land und Frankreich gelesen zu haben, die dem 
grossen Schweizerdeutschen nicht das Wasser rei- 
chen, gehört in Deutschland zur allgemeinen Bildung. 
Noch ein dritter Jubilar dieses Jahres, Hans 
Holbein, ist durch diese nationale Verblendung 
eine schemenhafte Silhouette geworden. Wer kennt 
sein Hauptwerk, die Bilder des Todes, aus eigener 
Anschauung und nicht vom flüchtigen Ansehen einer 
Reproduktion, sondern durch selbständige Ver- 
senkung in seinen Inhalt? Alle Madonnen Raphaels 
wiegen dies Werk für unser Volk nicht auf; und 
Holbein steht uns immer noch so fern wie Dürer, 
wie Schongauer, wie Rembrandt. Denn der Bil- 
dungsgang, den unsere Gesellschaft zurücklegt, fuhrt 
nirgends über die Flur der bildenden Kunst, höch- 
stens eine Strecke durch das Gestrüpp des kunst- 
geschichtlichen Unterrichtes.
	        
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