Diese Zerstörung einer Welt von Kunst ist nicht
ein einzelner, durch die ungeheure Katastrophe des
Unterganges der alten Welt erklärbarer Fall; er
wiederholt sich vom Mittelalter her Iahrhundert um
Jahrhundert. Sobald die Seelen gestorben, sanken
die Kunstwerke, die für sie geschaffen waren, in
Schutt und Staub. Was erhalten blieb, verdankt
seine Existenz einem Zufall, in der Regel seiner
Verbindung mit dem Kultus. Denn was besitzen
wir noch von der Baukunst aus der ersten grossen
Blütezeit unseres Volkes? Ein paar Dome stehen
aufrecht, von den Palästen der Kaiser und Grossen
ist nichts intakt. Wenn vor einem Jahrhundert die
gewaltigen Bildwerke im Dom zu Naumburg oder
Bamberg, die wir heute zu unserem edelsten Besitz
rechnen, zerstört worden wären, keinem Menschen
wäre der Verlust zu Herzen gegangen. S0 ist es
der Gotik gegangen, als die Renaissance tagte, so
der Renaissance, als das Barock kam, so dem Ba-
rock und Rokoko, als der Klassicismus die Herrschaft
antrat, und dem Klassicismus und seiner Nachfol-
gerin, der Romantik, in der Epoche des Realismus.
Mir steht als ein unauslöschlicher Eindruck in
der Erinnerung, dass mir Jakob Burckhardt gestand,
wie widerwärtig ihm einst alle Kunst der Spät-
renaissance, des Barock und Rokoko gewesen sei.
Nach einem Hauptwerk Watteaus durften die Schüler
Davids mit Brotkugeln schiessen, dann kam es auf
den Trödelmarkt. Die ersten Sammler, die sich
in der Mitte unseres Jahrhunderts dem Rokoko zu-