Volltext: Witsen - Zyx (Bd. 22)

Zeitblom , 
Barthuloxniius. 
247. 
hemmen hatte, wie Profelsor Hassler aus Urkunden ersah. Die 
Bnrgersteuer in Ulm bezahlte er von 1484 an, im dem Verzeich- 
nisse der Malerbruderschaft bei den Wangen dasclbst kommt er 
von 1490  93 vor, und in den Biirgerregistern wird seiner 1507:, 
15 und 17 erwähnt. Nach 1517 verschwindet seine Spur. 
 Üie Anfänge seiner liunst weisen auf die Schule des alten 
Friedrich Herlen, welcher von 1455 an die Grundsätze der Schule 
des van Eyek in Sohn-eben verkündete. Anderseits ist aber auch 
der Einfluss des fränkischen Hauptmeisters Wohlgemuth unver- 
kennbar, besonders in seinem Streben nach einer wiirdigcn und 
bedeutsamen Erfassung des Gegenstandes, verbunden mit einem 
aufrichtigen Anschliessen an die umgebende Natur. Zeithlom folgte 
daher weniger der idealen Richtung der van Eclfschen Schule, 
sondern strebte vielmehr nach der Realität der fränkischen Schule. 
welche sich in den schärferen Umrissen, in den ausdrucksvollen, 
mehr charakteristischen als schönen Köpfen kund gibt. Doch liebte- 
Zeitblom jene Wohlgexnutlfschen hervorstchcndcn Backenknochen 
weniger. Seine meisten männlichen und weiblichen Köpfe haben 
eine eigenlhiimlichc Gesichtsbildung, deren Grundtypus vielleicht 
in seiner Verwandtschaft zu suchen ist, welche ihm bei der Dar- 
stellung jugendlicher Figuren häufig ein Nludell lieferte. In seit 
nen Iiiipfen spricht sich aber eine edle, vor-ständig biedere Gier- 
niiithsart aus, und der oft vorkommende nicht ideal schöne obere 
Nasenwinkel deutet auf eine Faniilienverwandtschafl; des Künstlers, 
welche auch durch die feinen Lippen, und das leise Vertreten des 
Iiinnes sich bemerklieh macht. Das Bildniss des Künstlers auf du". 
Rückseite des Altares auf dein Ilerberge hat denselben 'l"_ypus. 
Seine Heiligen sindalle von edler Bildung und im Charakter ruil- 
der Würde dargestellt, und statt des idealen Anstriches der Eycl-V 
schen Schule ist ihnen ein warmes Leben verliehen, Doch sind 
die liüpfe und Hände besser, als die Fiisse, und überhaupt das 
etwas magere Nackte gezeichnet; dieBewegungen dagegen natür- 
lich, und nicht eckig und verschoben , wie oft bei früheren Mei- 
stern. Den Faltenwurf hielt er in gestreckten Linien einfach und 
grossartig, fern von jenem lmittrigen Wesen der WVohlgeinuthß 
schen Schule. In Darstellung schlechter Charaktere folgte er aber 
anfangs der fränkischen und  Gewöh- 
nung, oder überhaupt der Richtung der damaligen deutschen liunst 
ins Gemeine, Hässliche und verzerrte, worauf wir im Artilael des 
M. Wohlgemuth aufmerksam gemacht haben. Als Colorist steht 
Zeitblom auf einer hohen Stufe. Besonders wusste er durch ein 
tiefes Violett neben entgegengesetzten, leuchtenden Farben, wie 
ein frisches Griin, ein warmes Braun, oder sehillerndes Gelb, ei- 
nen eigenthiimlichen Reiz zu erzielen. Seine ]:'leisclitbne'sind 
warm, und gehen in den Schatten ins tief Briiuxiliche in seiner 
mittleren Zeit, wurden aber kühler und feiner in seinen späteren 
Wirt-Iren, welche überhaupt die vvurziiglichstcn sind. Die ßilder 
aus der friihen Zeit des lVIeiSiIGfS erinnern entschieden an  Her- 
lin den Alten. Den Uebergang machte er unter dem Eintlusse des 
Martin Schön, bald aber erhob er sich zu selbstständiger Eigen- 
thiiinlichheit, welche bereits 1488 auf das hestimmteste "her-vertritt. 
Wls seine Stellung zu den übrigen grusscn ÜBlltSChGIL-[Ylällßrll sei- 
nes Jahrhunderts betrifft, kommt er als unmittelbarer Nachfolger 
des Friedrich Herlin und Martin Schön zunächst init lidtls Sclxiih- 
lßm in Berührung, welcher ihm als eigenlhiimlicher "Nehonbuhler 
gcgcnnbcr steht. Wenn Zeithloin an Iieichthum der Phantasie 
dein Sclmngauer nachsteht, den l-"lerlein bei einer sehr schlichten 
Weise übertrifft; so steht er iiberdicss in SChInc-lz und llarmunis
	        
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