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XValdmiiller ,
Ferdinand
Georg.
Baucrnhochzeit, das Erstehen zum neuen Leben (der Landmann
tritt auf seine Frau gestützt am Frühlingstage über die Schwelle
1844), die Heimkehr von" der Ernte, die Ruine des Theaters zu
Taormina in Sicilien, in zwei verschiedenen Ansichten, der Christ.
tagmorgen (eine Iiindersccne), die Gratulation des Enkelsan den
Grossvater (1845), das Ende der Schule, das Ave Maria. die Mut.
ter mit den Iiindcrn, der kindliche Schmerz, der ßalkbrennei-
beim Mittagsbrod, der Conscribirte für die Schule, die Erndte
(1846), das Abendmahl im Bauernhause, die Ansicht der Bucht bei
Messina (1837) etc.
Waldmüller, der Matador der Genremaler in Wien, gehört
der naturalistischen Richtung an, und hält mit aller Gewissenhaf.
tigkeit an der Natur fest. Seine Figuren sind Portraite, und die
lYlodelle überall her acquirirt. Alles ist in seinen Bildern bis auf
das Getreueste der Wirklichkeit nachgebildet, wahr bis ins klein-
ste Detail. Er malt jeden einzelnen Theil xganz fertig, erreicht
aber bei diesem musivischen Vortrag eine seltene Haltung und Har-
monie. Im Vortrag und in der Farbengebung ist er Meister. Al-
lein sein Naturalismus hatte ihn in heisse Conilikte mit Seinen
akademischen Collegen gebracht, und zu Verketzerung gelüln-L
Sie machten ihm oft den Vorwurf, er stecke seine gemalten Ge-
mütbszustände immer und im-mer wieder in österreichische Bauern.
kleider, benütze stets dieselben Modelle, komme über den engen
Iireis der Dorfkinder nicht hinaus, u. s. w. Seinen Gegnern war-e
aber zu rathen, eben so schöne, freundliche, lebenswahie M0-
delle aus ihren Bildern blicken zulassen. Sie mögen Vielseitig
Sßyn, wenn ihnen Waldmüller zu einseitig ist. En macht seine
Studien auf dem Wege unverkümmerter und unverkunstelaer Na_
tur. und überlässt die vornehme Steifheit seinen Gegnern, welche
damit wenige rühren. Dagegen geht das unter dem Namen des
kindlichen Schmerzes bekannte Bild von Waldmiiller mit ergrei.
fender Wahrheit zu Gemüth. Der Künstler gibt eine einfache
ländliche Scene, Der greise Pfarrer hat der hinscheidenden Mut
ter das Sakrament gereicht, und tritt aus der Thüre, wo die bei-
den Töchter weinend knieen, und der ulte Vater nach dem Hini-
mel blickt. Seine Mutter mit den Kindern ist eine warm empfun-
dene Dorlidylle. Wie viel interessantere kleine Bilder gibt es in
Wien, als Waldmüller's Abendandacht im Bauernhaußß (1346)?
Wenige Künstler haben irgend einen Gedanken gemuthvoller dar-
gestellt, als dieser Künstler in seinem reconvalescenten lbandmanih
Er begriisst holfnungsvoll die Frühlingssonne, und seine Familie
betrachtet ihn mit innigster Freude. Waldmllllßr I8! der gemüili-
liche Dichter des österreichischen Länddebenh 1,1" Jahre 3344 l'e-
Suchte er auch wieder Italien und Sicilien, um iur diejenigen Bi1_
der zu sammeln, welchen das Vaterländische Volkslebcn zu ein_
seitig ist.
Waldmüller ist Custos der gräflich Lamberg'schen Akademie,
k. k. akademischer Rath und Professor. Im Jahre 18:16 gab er
folgende kleine Schrift heraus: DasBediirlniss eines zweckmäs.
sigerext Unterrichts in der Malerei und plastischen liunst, 8. Die
Akademiker und Consor-ten werden mit ihm wenig einverstanden
seyn, da der Verfasser für den gestimmten Iiunstunterricht nur
ein Jahr in Anspruch nimmt, und statt uuf Beobachtung abstrakter
Ilegeln vor Allem auf Beobachtung der Natur und des Lebens in
seinen wechselnden Erscheinungen dringt. Wir haben schon oben
bemerkt, dass der Naturalismus des Künstlers zur Yerkelzerung
desselben geführt hat. Im Jahre 18117 erschien eine zweite Auflage
dieser Schrift.