Weyden ,
Bogier
Vüil
der.
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und ungelenkere Formen, als sie B. van der Weyde sen. anzu-
wenden pflegte. So wie nämlich das Coloril; weniger Kraft und
'I'iefe hat, muss nothivendig die Zeichnung auf grössere, erllere
Formen hinstreben, und in diesem Streben entweder ins Breite,
Gediegene, wie bei Mcssis gehen, oder mehr dem Zarten, Alle
gemeinen und Idealen sich zuwenden, wie die Roger van der Wer]-
den gethan. Es lässt sich daher erklären, wie Roger zu den scho-
119", idealen Formen gekommen ist, welche die drei früher im Be-
sitze des H. van Houtem zu Aachen, jetzt im Städelscheil Institute
befindlichen schmalen Bilder, die Madonna, die Veronica, und die
Dreieinigkeit aus dieser idealen Richtung hervorgehen konnten
und mussten. Das Fragment einer Kreuzigung daselhst, der linke
Schiicher mit zwei zu dem Todten aufhlickenrlen Figuren, ist of-
fenbar nur der vollendete Ausdruck des vollkommen ausgebildeten
Styles dieses Meisters. Auch ein anderes Bild der Frankfurter
Sammlung, welches im Cataloge des Institutes einem Cölner Mei-
ster zugeschrieben wird, demselben nämlich, den man in München
und Cöln für identisch mit Jan Schoorel hält, und dem die neuere
Kunstkritik den Namen Schoorel absprechen will, scheint eher dem
Roger van der Weyden, als irgend einem anderen Meister anzu-
ehoren. Es ist dieses bestrittene Bild ein Altarblatt mit Flügel-
Eildern. Das Mittelstück stellt die Jünger vor, wie sie den vom
Kreuze abgenommenen Heiland beklagen. Die Veronika auf dem
linken Flügelbilde hat sehr wenig Aehnlichltcit mit der bekannten
Veronika aus der Cölner Schule in der ßoissereekchen Sammlung,
dagegen hat die Maria im blauen Mantel auf dem Mittelbilde
die unverkennbarste Aehnlichkeit mit der Maria des Johann von
Calcar in München. Eben so habenalle übrigen Figuren den
Charakter und die Formen der vlämischen Schule, und unterschei-
den sich von den Bildern van Eyclüs nur durch die entschiedene
hellere, bliiuliche Farbe, durch breitere Behandlung der Zeichnung,
und durch das sichtbare Bestreben, den den vliimischen Malern
angebornen derhereu und realeren Charakter der Figuren zu idea-
lisiren. Es wäre darum bei diesem vorherrschenden Charakter der
hellen und bläulichen Richtung der Flamänder Schule nach J. van
Eyck nicht unwahrscheinlich, dass dieses Bild im Wetteifer mit
Q, Messis, welcher denselben Gegenstand in ähnlicher Weise be-,
handelte, entstanden sei. Dannaber kann es nicht wohl von
einem anderen Meister als von Ilogier van der Weyden gemalt seyn;
denn die Zeichnung des van der Mexre hat eben so wenig, wie
die des H. van Goes Aehnlichkeit mit diesem Gemälde, und die
Schule von Calcar hat in ihren früheren Formen mehr Schärfe in
den Linien. Johann von Calcar selbst, mit dessen Werken das
Bild noch am ehesten Aehnlichkeit hiitte, ist aber nicht mehr so
ganz deutsch, wie der Meister es seyn musste, der dieses Bild ge-
malt hat. Passavant schreibt es dem Maler des Todes der Maria
in München zu, welcher früher als Jan Schoorel angegeben wurde;
allein die Aehnlichkeit ist nicht grösser, als ein_ Bild von Gilt-reg-
giu mit einem solchen von Michel Angele haben kann. Sobald
man die bestimmte llichtutig der Manier des Rogier van der Wey-
den nur einmal begriffen hat, ist es wohl eben so unmöglich ohne
nhsichtliclie Verletzung des richtigen Gefühls und der deutlichen Un-
terscheidungsinerkinale ein Bild von der VVeise Bogens dem ver-
meintlich fälschlich sogenannten Schcorel zuzuschreiben, als etwa
jilääii
a) De!" imtArtlkel des J. Schoure] genannte Schorle, von wel-
Chem wu- eiuxBild der Iircuziglurlg Christi erwähnt haben,
Naglcr-fKünstler-Lax. Bd. Xjil, 2;;