Vinci ,
Leonardo
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und mit der wahren Art und Weise ihre Gesetze zu ergründen,
bcscliäftiget haben, so dürfte nur vor ihm noch Leo Battista Al-
berti zu nennen seyn, welcher ähnliche, obwohl minder umfas-
sende Studieil machte Vasari wusste diese Verdienste des Iiünst-
lers nicht zu würdigen, hatte überhaupt von der Wichtigkeit der
Entdeckungen Leonardifs keinen klaren Begriff. Er sagt nur, dass
der Itiiinstlcr auch "über Naturgegenstände philosophirt, die Be-
schaffenheit der liräuter keuncti zu lernen gesucht, und die Be-
wegung. der Gestirne, des Mondes und der Sonne beobachtet habe.
Dem Vasari schien aber das Vorlieben Leonardos ketzerisch, und
er wollte ihn für keinen wahren Christen halten, weil nach seiner
unchristlichen Ansicht Leonardo den Philosophen höher gehalten
haben soll, als den Christen.
Ein grosser handschrittlicher und artistischer Schatz von Leo-
nardo war bis 1796 in der Ambrosiana zu Mailand. Man bewahrte
da I6 Bande mit Handschriften und Zeichnungen, Q in foL, 5 in
Quart, 5 in Oktav, 5 in Dnodez und 5 in noch kleinerem l'or-
mate, wahrscheinlich Studienhiicher, deren der Künstler an seinen
Gürtel gehängt immer bei sich trug, um Skizzen und Notizen zu
machen. Nach einem dem jüngeren Mariette zugeschriebenen
Briefe (Lettere pitturiche U. 168 202) stammen 13 dieser Blinde
aus dem Hause Melzi in Vaprio, da Francesco Melzi, der Schüler
und Freund des Künstlers, selbe geerbt hatte. Nach Francescrfs
Tod wurden sie nicht mehr beachtet, so dass ein gewisse); Lcliu
Gavardi von Assola es wagte, sich der Bände zu bemächtigen, um
sie an den Grossherzog Francesco de Medici zu verkaufen. Der
Tod des Fürsten brachte ihn aber zu einer anderen Gesinnung,
und er liess den Raub durch den mailiimlischen Edelmann lYIaz-
zenta der Familie Melzi wieder zu stellen. Allein diese nahm nur
7 Bände zurück, und iiberliess ("j dem Mazzenta, welcher einen
davon dem Herzog von Savoyen schenkte. Einen zweiten Band
bekam Ainbrogio Figini, welcher nachher in den Besitz des eng-
lischen Consuls J. Smith in Venedig überging, Den dritten schenkte
der Cardinal Frederieo Bnrronieti der Ambrosiana, und die übrigen
drei Bände aus Mazzentuls Nachlass wurden Eigenthum des Bild-
hauers Pompeo Leoni, von welchen sich ein starker Band im brit
tischen Museum befindet. Zwölf Bünde, welche in der Axnbro-
siana vorhanden waren, hatte der Graf Galeazzo Arconati gesam-
melt, und 1637 der genannten Bibliothek geschenkt, wo der drei-
zehnte als Geschenk des Cardinals Borronieo bereits vorhanden
war. Im Jahre 1796 wurden sie als liriegsbeute nach Paris ge-
bracht, wu CavyVcnturi seinen oben genannten Auszug machte.
Nach dem Stnrzc Naipelctnfs wurden die ernbertcn Iiuxistschiitze
im Allgemeinen zurückgegeben, die Ainbrtisiana erhielt aber nur
mehr einen Band, den berühmten {Codex atlantico zurück, die
übrigen 12 Bünde blieben in der Bibhotheque Mazarin im Ge-
biiutlc des französischen Instituts zu Paris. Diese Bände enthalten
viele handschriftliche Abhamlliiiigeii und eine Menge von Zeich-
nungen, darunter einen Band mit Hüpfen und Carriltaturen, ge-
gen 200 an der Zahl. Der Codex atlantico handelt hauptsächlich
überMechanik, und ist mit crläuternden Zeichnungen versehen.
Zu Ilulkham in England, jenem fürstlichen Landsitze des Gra-
fen Leicester, welchen llr. Coke erbte, ist eine Originalhandsehrift
mit verkehrten Zeichen in hl. foL, unter dem Titel: Libro origi-
nale della natura, peso e inoto delletAcque da Lionardu da Vinci,
in ternpo di Ludovico il Moro, nel cnndar che fcce le acque del
Naviglio della Martesana de]? Adda a Milano; mit erläuternden
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