Vinoi ,
Leon nrdn
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sie den Gruppen, und bewirkt dadurch die Eurhytinie, die froieste
Bewegung innerhalb regelmiissiger Ordnung. Das Typläßlle wie das
Punpaiimassige ist überwunden, und eine ideale WVirklichkeit ge-
Schgfrßn, die eben so wahr und lebendig, als edel und geistvoll
ist. Hier steht die Malerei auf dem Gipfel ihrer Vollendung, und
es ist zu beklagen, dass die späteren, unstiiten Bestrebungen in der
liunst verhindert haben, die Apostelgestalten des Leonardo als
typisch zu betrachten. So sagt Schorn zum Vasari S. 25., und es
würden seiner Anschauungsweise sicher alle seine Vorgänger beige-
stimmt haben, nur nicht der Maler A. 'I'ofanelli in Lucca, welcher
1815 ßossi gegenüber es wagen konnte, dein Leonardo den Rubin
der Eriindnuiig des Moments der Darstellung, der Anordnung, der
Bewegung und der Stellung der inclirsten Apostel völlig abzuspre-
chen. In einem alten Iiloster zu Liicca ist nämlich ein Abendmahl
in Tempera, niit der lateinischen Umschrift: Amen dico vubis etc.
Die Darstellung soll die nämliche seyii, nur drei Figuren und der
Hintergrund sind anders. und gewiss haben auch die anderen Leo-
nardo's Kopfe nicht. Vasari sagt. der [iiinstler habe den Köpfen der
Apostel so viel Majestät und Schönheit gegeben, dass er das Haupt
des Heilandes unausgefülirt liess. überzeugt, er verrnüge nicht ihin
jene Güttlichlaeit zu verleihen. welche für ein Bild Christi erforder-
lich Sei, Auch de'l Iiupbtles Judas soll er unvollendet gelassen ha-
ben, da es ihm nicht uioglich schien,_ passende Gesichtszüge für jenen
Jünger auf zu finden, dessen trotzigcr Geist des Entschlusses fähig
gewesen, seinen Meister und Errettcr der Welt zu verrathen. Va-
sari wollte daher wissen, dass der Prior des lilosters den liiinstler
sehr ungestiim zur Vollendung getrieben habe, da er bisweilen
einen halben Tag in Betrachtung vergehen liess. Der Prior soll
sich sogar beim Herzog beschwert haben, welchem Leonardo die
Gründe auseinander setzte, und erklärte, dass erhabene Geister
bisweilen am meisten schaffen, wenn sie am wenigsten arbeitdu.
Zuletzt soll der Iiiliiistler gesagt haben, er wolle zwar nach dem
Kopfe des Judas suchen, und linde er ihn nicht, so bliebe ihm.
der des lästigen und unbescheidenen Priors gewiss. Aus dieser
Anekdote Vasari's hatte man mit Unrecht gefolgert, der Iiopf des
Judas sei das Bildniss des damaligen Priors, P. Bandelli, welcher
als ein Mann von schönen Ziigen, grossem und durch das vorge-
riicktc Alter kahlein und ergrautem Iiopf von seinen Zeitgenossen
geschildert wird. Wenn daher Leonardifs Drohung wirklich ge-
fallen ist, so war sie nur Scherz. Auch ist es unrichtig, ivenn Vasari
sagt, der Kopf des Heilandes sei unvollendet geblieben. Man kann
noch in dem. jetzigen so verdorbenen Zustand genau erkennen,
dass der Kopf Christi völlig ausgeführt war; nur ist es möglich,
dass er einem Leonardo nicht genügte, da_ er sich nie genug thai.
In der Brera zu Mailand ist die Studienzeiclinung dazu in schwer-
zer und rother Kreide. Der Iiopf ist ohne Bart, im Ausdruck
viel sanfter, in den Formen weicher als im' Gemälde. Daruach rich.
{am sich Moi-ghen in seinem beriihiiiteiiiStiche. Man finde: auch
angegeben, dass ehedem alle töllopfe in der Anibrosiana zu Mai-
land waren. Pino berichtet aber, dass sie vom Grafen Arcunati an
den Marchese Gasnedi gekommen seyen. Naehinals besass sie die
lremilie Sagredo in Vehedig. von welcher sie der englische Consul
Udney erstand. Zehn derselben (auf 8 Blättern) kamen dann in
den Besitz des Malers Sir Th. Laverence in London, und- nach
dessen Tod wurden sie von dem liunsthändler Woodburu an de"
Iiöuig von Holland verkauft. welcher sie seiner Süllllülllllg im Haag
einvßrleibte. Die drei anderen Köpfe besitzt eine Dame in Eng-
lallfl- Der Carton zum Gemälde ist zu Grunde gegangen, die Uri-
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