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Vinci ,
Leonardo
hauptet, das Modell des Pferdes sei so gross gewesen, dass es nie
in Bronze ausgeführt werden konnte. Leonardo berechnete das
Metall zum Gusse auf 100,000 Pf., und als dazu Anstalt gemacht
wurde, brach das Iiriegsungliich über Ludovico il lYIoro herein,
Die französischen Armbrustschützen nahmen 1499 das Modell zur
Zielscheibe und zerstörten es, Es hat "sich aber ein Kupferstieh
erhalten, welcher einige Entwürfe zu dieser Beitcrstatue enthäilt.
Er stellt vier Skizzen zu Pferden auf Fussgestellen dar, jedes mit
einem Reiter, der einen Stab in der Hand hält, und im Begriffe
zu streiten scheint. Zwei der Pferde haben als Stützpunkte einen
zur Erde hingestreclsten Krieger, der sich zu retten scheint. Gerli
(Disegni di L. da Vinci p. 5) glaubt, dieser alte Stich sei von
Lioilardo selbst, oder von einem seiner Schüler gefertiget. Gius.
Vnllardi inlVIailand besitzt ein Exemplar, welches in drei Stücke
zerschnitten war. zusammengesetzt ist das Blatt 3 Z. hoch, und
5 Z. 10 L. breit.
Die Reiterstatue des Francesco Sforza scheint Anfangs die
Hauptaufgabe gewesen zu seyn, welche Ludovico il Moro dem
Künstler setzte, er arbeitete aber mit grossen Unterbrechungen,
Inzwischen beschäftigten ihn viele andere Projekte für den Hof,
_da nach VasarPs Versicherung der Herzog durch die bewundems-
werthen Reden Leonardo? erfreut, sich in seine Kunst so sehr ver-
liebte, dass es fast unglaublich war. Auch weidete er sich manche Tage
am Glanz des Hofes, und lebte ausserdem wie ein grosser Herr, wel-
eher seinen Arbeiten obliegen konnte, ohne sich zu ermiiclen. Mit
Lodovico il Moro stand er aufjenem freundschaftlichen Fusse, wie
feine Despoten es gestatten, so lange der Giinstling in Gnaden
bleibt, und willfährig ist. Leonardo scheint das vollste Vertrauen
desselben besessen zu haben; denn er gab dem männlich SChÜnen
und liebenswürdigen Maler den Aufrag, die Bildnisse seiner bei-
den Freundinnen zu malen. Der sittenlose Mailänderhof nahm es
damals mit der ehelichen Treue nicht so genau, wenn wir einer
liandschriftltchen Aufzeichnung von Arluni (de bello Veneto) glaub
ben dürfen. Der gut katholische Vasari geht aber darüber hin, und
sagt auch nichts von den Bildnissen der beiden Beischläferinnen,
Amoretti nennt die eine, wahrscheinlich die jüngere, Ciicilia Gel-
lerani, die andere Lucrezia Crivelli, welche später den Grafen Ln-
dovico Pergamino heirathete. Das Bild der Cäcilia besessen noch
im 18. Jahrhundert die Marchese Bonesano zu Mailand, und auf
der Ambrosiana (laselbst ist eine gute alte Copie. Ein zweites Bild-
niss dieser Dame, mit der Jahrzahl 1497, sieht man im Hause Pe-
lavieini zu S. Calocero. Das Portrait der Lucretia Crivelli erkennt
man jetzt in der roth gekleideten Dame im Museum des Louvre,
daselbst unter dem Namen la Belle Ferroniere bekannt. In der 1;,
Eremitage" zu St. Petersburg. und in der Sammlung des Prinzen
von Oranien begegnet sie ebenfalls. Fiir die Donua Cäcilia malte
Lionardo auch ein Bild der Madonna mit dem Iiinde, welches die
Rose einsegnet, 130g im Besitze des WVeinhändlers Gius. Radici in
Mailand. Vasari spricht nur von wunderschönen Bildnissen des
Ilerzogs Ludovico, seiner Gemahlin Beatrice, und der Prinzen Mus-
similiano und Francesco, an einer Wand in jenem Iiefektorium,
wo das berühmte Abendmahl zu sehen ist. D. Pino (Storia ge-
nuina nel cenacolo etc. Milano 1796) macht auf das Zeugniss eine;
Padrc Gattico aufmerksam, welcher behauptet, dass Lionardo diese
Bildnisse mit Widerwillen übernommen habe, und dass sie, in Qe]
auf die Mauer gemalt, zu Grunde gegangen seyen. I-lirt (Jahrbü-
eher für wissenschaftliche Critih 1851", Nr. 56) belehrt uns aber
eiifes anderen, und zeigt, dass Vasari nicht genau unterrichtet war.