ISO
Vinci,
Leonardo
Leonardo konnte irgend einem Manne, oder einer Frau den gen-
zen Tag nachgehen, und er prägte sich die Gestalt nlsu ein,
dass er, zu Hause angelangt, sie zeichnete, als 0b Sic VOP ihm
stünde. Vasari hesass viele solcher Zeichnungen , die mit der PQ.
der umrissen und mit der Kohle schattirt sind. Er nennt hesun-
ders das Bilclniss des Amerigo Vcspucci, einen schönen alten liupi",
und jenes des Zigeuner-Hauptmanns Sraramuccin, welches damals dol-
Canoniclls Dolnenicr) Valdaixihrini von Arezzo besass. Die Zahl
der Zeichnungen zu bestimmen, Welche in die liriihc Periode des
Künstlers gehören, ist nicht möglich; gross ist sie aber. da Leu-
narclo keinen Tag vorübergehen liess, ohne Studien zu machen.
Vasari mag viele solcher Blätter von dem jungen liiinstler beses-
sen haben, seine Sammlung ist aber in alle Winde zerstreut. Ücher
die Zeichnun en Leonardoäs handeln wir daher unten im Allge-
ineinen, und iemerken hier nur, dass darunter eine grossc Anzahl
von Carrikaturen ist, welche er in Gesellschaften zeichnete, um
durch seine Iiunst und Laune sie zu erheitern.
Dann setzte Leonardo in Florenz auch seine plastischen Uebun-
gen fort, und vielleicht gehören hieher die von Vasari Eingangs
erwähnten Iiiipfe aus Thon und Gyps, und ganze Figuren in gleL
eher Masse. Er war ja bei seiner Ankunft in PrIailand schon so].
eher Kraft sich bewusst, dassjer das Grösste in der plastischen
Iiunst wagen wollte. Nebenbei blieb aber Mathematik und lVIechQ-
nih iminer ein Lieblingsstudium, und auch die Ar-"hitehtur wurde in
den Iircis gezogen, da sie seinen Bestrebunäen zu nahe lag. Seine
mathematischen, mechanischen und hydrau ischen Projekte drijng.
ten sich, da er nach Yasari täglich Zeichnungen und Modelle fep-
tigle, wie man mit Leichtigkeit Berge abtragen und durchbrechen
könne, um von einer Ebene zuranderen zu gelangen; wie mit VVin-
den. Haspen und Schrauben grosse Lasten aufzuziehen wären, in
welcher Weise man Seehäfen reinigen, durch Pumpen ilVasser aus
tiefen Gegenden herauf holen, Mühlen und Schleusen bauen
könne etc. Sein Codex atlantico in der Ambrnsiana zu Mailand
enthält Zeichnungen dieser Art, und liefert den Beweis, das; er
sich fortwährend mit der Mechanik, befasst habe. Auch die von
C. G. Gerli herausgegebenen Zeichnungen hestiittigen die Angabe
Vasai-Ps. Obwohl noch jung, war er doch der erste, welcher Vor-
Schläge machte, den Arno in einen Canal von Iloreiiz bis Pisa
zu fassen. Die Administratoren der Stadt wollte er UlJOFZOUgQy-l,
dass man die Iiirche S. Gidvanni erhöhen und ihr Treppen unter-
schieben könne. Er zeigte ein Modell vor, und deinonstrirte mit
so starken Gründen, dass die Suche glaublich schieii,_ Obgleigh
dann jeder die Ausführung für uninüglicli hielt. Bei diesen epn-
sten Studien war Leonardo dennoch der liCbCIISWIiYdiSEiB. und an-
gcnehnisle Gesellschafter, welcher alle Herzen gewvann. Sein Scherz
und seine Laune rissen zum Lachen hin, und der Meister fand
dabei reichlichen Stoff 1.11 Carriliaturzeiehnungen, wvuriiber wir un-
ten Näheres berichten. Dabei war er ein guter Musiker, besun-
ders Sänger und Lauteiispieler. Er coiistruirte ein eigenes Instru-
ment, nach Vasari in Form eines Pferdel-iopfgs, berechnet (19,1,
Klang mehr Stärke und Wolillaut zu geben. Dass dn Viuci sich
mit solchen Erfindungen bescliiiftiget habe, ist misser Ziveifel; in
dem Msc. Q. R. p. 23 der AHIbFUSiiIULI gibt er ein neues Griflbrett
für eine Viola an. Auch eine Zeichnung zu einer neuen Lyra {im
det man. Zur Laute iinprovisirte er Gesänge, von seinen Poesie"
hat sich aber nur ein einziges Sunett durch Lomazzo erhalten, in
welchem man tiefe Gedanken in kurzen und schönen Worten be-