Volltext: Veit, Ph. - Vouet (Bd. 20)

immer Bewunderung, du sie sein Talent theilweise noch von einer 
glünzenderen Seite zeigen, als die grossen Sclilachtgemälde. lii 
den letzten Jahren malte er nur in Nebenstunden, welche ihm 
seine ernsten und grossen Arbeiten übrig liessen, solche kleine 
Bilder, sie sind aber immer noch so zahlreich, dasssanderc Künst- 
ler ihre Jahre darauf verwenden müssten. Ein ciziges grusses 
Sclilachtbilil VcriiePs könnte einem sorgsam abmessenden und ängst- 
lich vollemlenden Künstler die Aufgabe seines halben Lebens seyn, 
wie die afrikanischen Schlachtbililcr. die Smalila Abd- el-Kaders 
in Versailles u. a. Die wunderbare Leichtigkeit und rüstige Hand- 
fertigkeit, womit Vernet in ganz kurzer Zeit ungeheuere Lein- 
wandllüclien bedeckt  die Sinalila ist 60 F. breit  geht über 
alle Begride, und setzt selbst seine Feinde und Nehenbuhler, die sonst 
alles von ihm bestreiten, in Erstaunen. Ein Carrikaturenzeichner 
hat die Schnelligkeit des Meisters in der Ausführung unter einem 
Reiter vorgestellt, der vor einer grossen Leinwand hinreitet und 
im Galop malt, so dass das Bild auf einem Bitte fertig ist. Vernet 
bedient sich nur einer Farbenskizze, und setzt bei der Ausfüh- 
rung im Grussen die Figuren einzeln, wie es trifft, auf die Lein- 
wand, malt bald ein StucknHiminel, bald ein Stück Terrain, und 
bringt doch trotz dieser stuckweisen Behandlung eine bewunde- 
rungswiirdige Einheit unchllaltung heraus, da Alles bestimmt und 
scharf vor seiner unvergleichlich klaren Phantasie steht. Man sagt, 
dass Vernet die Modelle, welche er in grosscr Anzahl in seinen 
Sclilachtbildern braucht, und immer in reicher Auswahl zur Idand, 
hat, bloss einige Augenblicke in seinem Atelier von allen Seiten 
gründlich musiert, sie dann fortschiclit, und aus dem Gedächtuiss 
mit der portraitiihnlichsten Naturwahrlieit, und grössten Genauigkeit 
in allen Theilen des Costüms und der Physiognomien darstellt. 
Von einer vorgängigen Untermalung der Bilder ist bei ihm keine 
Rede, und während ander ihre Gemälde erst sorgsam anlegen und 
bedächtig die Tauchen und Gründe vorbereiten, um die Ueberma- 
lung zu leiten, ist Vernet längst fertig. Seine Stärke in dem 
leichten Erfinden undschnellen Ausführen von weitläufigen Schlacht- 
comnositionen ist unerhört. Vernet selbst sieht nian indessen für 
keinen mächtigen Feldherrn an. Der fast kleine Mann mit dem 
ewaltigen Schnauzbarte sitzt vor den ltisenbildern mit der Horn- 
Erille auf der scharfen Nase, und dein Papier-cigarctto im lldunde, 
und steht nur auf um sich ein neues Cigarctto zu drehen, und 
bei dieser Gelegenheit die Schlacht zu überschauen und den Zu- 
sammenhang des Ganzen zu erforschen. Ausserdem stört ihn we- 
der das Rauchen, noch die Unterhaltung; sein Genius waltet 
im Bilde und bedient sich des merltvvüriligen Manne-S zu sei- 
1.311 Manifestationen. Vernet's_ Atelier ist das reichste, welghe; 
man je gesehen hat. Iir ist_seit Jahren in Versailles, 'wo er im 
berühmten Ballsaale sich eingerichtet hat. Er arbeitet unter ei- 
nem Zelte, in welchem Sophas und mannigfaltige Geräthe an. 
ebracht sind. Costiinie und Waffen aller Art, theils von den 
kostbarsten Stoffen, sind hier vereiniget. Die Schränke enthal- 
ten einen nugemeinen Rcichtlium von Skizzen, deren er sich 
bei der Ausführung der Bilder bediente. Selbst seine Haupt. 
akteure sind nur mit dem Stifte geistreich skizzirt, und aus die- 
sen kleinen Blättern entsteht eine ganze Welt von Charakteren- 
Unter Louis Philipps liegierun? durfte Vernet nur coiiimandiren, 
so ritten und sprengteii Schwur ronen vor seinem Atelier vorüber, 
die Caineele, Löwen und Tieger wurden aus dem Jardin des 
Plantes ihm vorgeführt, und kein Mittel ward ihm versagt. Nach 
dein Sturze des Königs ist es anders geworden. Die neue Auflage 
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