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Vecellio ,
Tiziano.
ehe funzioni. 21'! F. hoch und 12 F. breit auf Holz. Wohl he-
sitzt es die meisten Vorzüge des tizianischeu Pinsels im ltiichsten
Grade, und imponirt durch Pracht und Ilarmouie der Farben-
wenn nur nicht leider der Ausdruck in den Iiüpfen der zweiliaupt:
iiguren verfehlt, ja entwiircliget wäre. Aus dem Gesiehte der lNln.
donna lässt sich von himmlichcr Verklärung nichts herausfinden
es durchströmt eine ganz gewöhnliche irdische Freude das eher;
nicht unedlc, aber gar nicht ätherische, brünette Antlitz, und
blitzt aus den lebhaften schwarzen Auigen. Von oben herabschwebg
ihr Gott Vater in lumstvoller Verkürzung entgegen. Leider hat
er ein gemeines Gesicht, mit struppig flatterntlen, schwarz und
grau gemischten Haaren. Sinnvoll prasentirt ihm auf der einen
Seite ein Engel die liönigsltrotie der I-Iimmelskonigiil, auf der
anderen einer die Marterlsrtme der hl. Jungfrau. Ein von oben
herab um Gott Vater sich herumziehender, weiter Halbkreis w,"
Engelltöpfeheil im morgenriithlichen Dufte nur wie halbverwischt
angedeutet, schliesst sich an einen anderen, von unten aufwärts
laufenden Halbkreis von Engeln an, welcher Maria und die YVolhß
zu ihren Fiissen umgibt, und so die Hauptfigurext zu einem Gen-
zen verbindet. Die zweite Hauptgruppe der colossalcn zwölf APQ.
stel unten ist durch die allgemeine, nach oben gerichtete Tlxeil.
nahme auf das Schönste mit der ersteren verbunden; in allen 1113-
pfen und Stellungen zeigt sich, bald stärher bald. schvailcher, der
Ausdruck verwuyntlernngs- und anbetungsvollexi Nachsehaueits. Jedqk
Stellung ist ungezwungen; jedes Antlitz mehr oder minder Seelen-
voll, der indessen zum reifen Manne gewordene, schöne Johan-
nes, der interessanteste unter ihnen. Die Zeit der Entstehung
dieses Bildes ist nach der Angabe in dem oben erwähnten Berichte
des Iiunstblattes unbekannt, und Vasari musste daher die Himmel.
fahrt Maria in Verona gemeint haben, wenn er sagt, Tiziau habe
dieses Bild in seinem 55. Jahre gemalt, also 1512- In Zanottnf;
Galleriewverls lesen wir noch bestimmter, dass das Gemälde X518
aufgestellt worden sei._ "Allein wir sind mit dieser Angabe noch
nicht im klaren; denn nach Schorn deutet das stärkere Helldunlae],
welches Tizian in seinen früheren Werken nicht gebrauchte, auf
die spätere Periode des Meisters. Er vereinigte hierin alles, was
sein Hauptvcrdienst aus-machtrein überaus kräftiges, klares Colo.
rit, Verbindungder Farben durch Mitteltinten zu der gefiilligsten
Harmonie, sorgfältige Unterordnung aller unter einem Hauptton,
richtige und in den sanftesten Uebergängen sich verlicrende Ab-
stufung des Lichtes, passendes Hervorheben der Hauptpersonen
durch stärkere Beleuchtung, ohne dass doch diebanderen Fi uren
zu dunkel dagegen abstechen. Das dichte Lichtmeer von Giorie,
das tiefe, kräftige Roth und Grün, ohne grell zu seyn, das über.
rasehende-Leben und Hervortreten aller Gestalten möchte einen
glauben machen, man habe das Werlr einer ganz anderen Tech-
nik vor sich. Es wird daher immer In den Augen der Kenner
einen hohen Rang einnehmen, und das Entzücken der Mehrheit;
bleiben, die nicht höheres Geistiges in einem Gemälde sucht.
Dieses in italienischen und deutschen liunstberichtexi laut ge-
priesene Werk hatte auf dem Altare der Kirche von Rauch und
lierzendampf gelitten, und war so unscheinbar geworden, dass die
französischen Commivsäre, welche drei andere l-lauptwerke Tlzlillfg
fürs Pariser Museum in Requisition setzten, es der Mühe nicht
werth hielten, auch dieses mitzunehmen. Eine anderweiti_ge_Angabe,
dass das Gemälde seit 1600 vergessen gewesen sei, ist irrtg; denn
im Ilittrato. di Venezia 1634 eschiehtnoch Erwähnung davon,
und auclrin der Descrizione, Ei tutte le pitture di Venezia 1753