Vecellio ,
Tiziano.
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des Herzogs von Ferrara zu folgen, an dessen Hof er jetzt die
oben genannte Bacchanale malte. Bei dieser Gelegenheit schilderte
Tizian auch die geheime Verlobte des Herzogs, die schöne Laura
Eustochio.
Iin Jahre 1545 erhielt der Iiiiinstler durch den Cardinal Pier
Luigi Farnese eine Einladung nach Rom, wo ihm Papst Paul III.
eine VVohnung im Belvedere cinräumte. Vasari musste ihm zum
Führer dienen, an dessen Seite er die Merkwürdigkeiten der Stadt
betrachtete. Bei sah er RafaePs Werke in den
vatikanischen Stanzen und bedauerte, dass einige beschädigtie Iili-
fe so schlecht restaurirt und übermalt waren. Er fragte nach dein
gamen des vermessenen Sudlers, erfuhr ihn aber nicht, denn der-
selbe, Sebastian del Piouibo, stand vor ihm. Nach der Iiuhe von
einigen Tagen fing er zu malen an. Zuerst malte er das ltildniss
des Cardinals Alessandro Farnese, und dann jenes des Herzogs
Ottavio de Medici. Hierauf ging er an das Bildniss des Papstes
Paul IIL, welchen er schon bei Gelegenheit eines Besuches in
Ferrara malen wollte. Das Bildniss dieses Papstes gelang ihm aus-
serordentlich, und er erreichte eine solche frappante Aehnlichheit,
dass der Schleppträger demiitbig sich verbcugte, indem er es für
lebend hielt. Der Papst wollte den Meister an seinem IIole behal-
ten, und versprach ihm die einträgliche Stelle des Sebastiano del
Piombo, der dafiir nur das Siegel unter die Breves zu drucken
hatte; allein Tizian konnte sich nicht von Venedig trennen, und
schlug das Anerbieten aus. Dem Sohne des Meisters wollte der
Papst das Bisthuxn Cesena zusichern, der Vater dankte aber auch
dafür, weil er glaubte, dass dem Jüngling die Eigenschaften für
eine solche Wiirdc fehlen. Zuletzt malte er fiir den llcrzo Olta-
viano de" Medici noch die berühmte Danae, jetzt in Neapel. Die-
ses Bild xiölhigtc selbst dem Michel Angele Achtung ab.
Tizian lebte jetzt wieder einige Zeit in Venedig der Kunst,
theils fiir den Baiser, theils fiir andere Grosse beschäftigen Wir
nennen die reiche Composition mit Christus, welcher dem Volke
vorgestellt wird , 1545 'vollendct. Einer der Reiter ist das Bildniss
Cnrl V., jener mit dem Turban Sultan Soliman, und der biirtige
Mann mit dem Stoche trägt Tizian's Ziigc. VV. Ilullar hat dieses
in VVlCll befindliche Bild gestochen. _In_ der Iiirche des heil. Mar-
kus zu Venedig ist ein grosses Mosailsbild, welches 1545 nach Ti-
ziaifs Carton vollendet wurde. Im Halbltreisc des Alriums er-
scheint St. Marcus im himmlischen Aufblick, und in den Ecken
sieht man zwei andere Evangelisten. Oben ist ein Medaillen, aus
welchem die Biistc des Papstes Clemetls VIl. auf den Heiligen her-
abbliclst. und zu seinen Seiten tragen Genien reiche Fruchtguir.
landen. Nachlciniger Zeit malte er das schöne Bild der Lavinia,
welche sich jetzt in Berlin befindet, es verzögerte sich aber die
Vollendung. Die Gräfin Rangoni Pallavicini mahnte _ihn daher
1546 schrittlich an die Erfüllung seines Versprechenä. W10 aus dem
bei Gaye abgedruckten Schreiben zu ersehen ist. Im folgenden Jahre
begab sich der Künstler nach Augsburg, wo der Kaiser Car] V.
sich aufhielt, und 1550 befand cr sich zum zweiten Male in dieser
Stadt. In diesem Jahre war Reichsrath, welchem mehrere Fürsten
bciwohnten. Bei dieser Gelegenheit malte Tizian den Baiser,
wahrscheinlich das Bild im Belvedere zu Wien, welches die Jahr-
zahl 1550 trägt. Der Iiiizistler hatte oft Zutritt beiin Iiaiser , wie
Melanchthon in einem Briefe an Camerarius hestiittiget, mit der
Bemerkung, dass derselbe "nach Augsburg berufen wurde. _Al15
jenem Reichstag war auch lionig Ferdinand, Welchen, er nach einer