Tischbein ,
Johann
Heinrich
Wilhelm .
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in Italien auch eine bedeutende Anzahl von landschaftlichen Zeich-
nungen mit Ruinen und treffenden Sccnen. In vielen anderen
Zeichnungen wählte er charakteristische Thiergruppen, womit er
den grössten Beifall fand. Es war auch ein Lieblingsstudium des
Meisters, die Physiognomien der Menschen mit jenen der Thiere
zu vergleichen. Eine Sammlung von Thierstudien gab er 1796 zu
Neapel in Iladiruiigen heraus, worauf wir weiter unten zurück-
kommen. In dieser Sammlung ist jene berühmte Üllhiergruppe,
welche in Italien unter dem Namen des "Phier-Laokoon bekannt
wurde. Die lliesenschlange überfällt eine Lüwin mit ihren Jun-
gen, ivelche theils zerquetscht, theils umschlungen zur Seite liegen.
Das genannte Werk, welches Thier- und Menscheiiportraite ent-
hält, gab ihm zu einem weiteren Cyclns von Zeichnungen Veran-
lassung, welche in einer Ileihe von Baniboccinden die Geschichte
des Esels vorstellen, oder vielmehr ein ganzes lllleiischenleben, mit
heiterer Laune und mit feinem Witze vorgetragen. Diese Folge
hatte der Künstler noch in Italien vollendet, und selbe nLeben
der Brüdern betitelt. Eine zweite Folge von Aquarellbilrlern. wel-
che der Künstler griissten Tlieils in Neapel vollendete, wird in
MeuscPs Miscellen III. 4-14 447 beschrieben: unter dem Titel:
nPhantasien iürs stumme Buch, und einige Ueberbleibsel der Si-
bylliiiischen Bücher vor der Grotte von Ciimae gesammelt. Oder
deutlicher: Ein Buch der Weisheit in rerlenden Bildern und Gi-
mälden, deutsam und verständlich für alle, die das Schöne im
Geist und in der Wahrheit anbeternu Tischbein lieferte zu seinen
Folgen auch gewöhnlich eine poetisch-philosophische Beschrei-
bung, die hier und da ins Phantastische geht. Grossen Reiclithum
der Ideen muss man dem Iiünstlcr zugestehen, und es genügt
keine oberflächliche Betrachtung seiner lWerke. 'Eine andere Saiiim-
lung seiner Zeichnungen stellt alles Schöne der gemeinen Natur
dem Schonen der höchsten Natur gegenüber dar. In einem weiteren
Cylilus zeigt er die reiche Wirkung des Farbenspiels auf die Schön-
heit. Ein anderer vergleicht das Romantische und Idyllische mit
einander. Als Fortsetzungen seiner Studien über die Thier- und
Menschen-Welt in ihrer äusseren Verschiedenheit nennen wir dann
noch zwei Folgen von Zeichnungen, wovon die eine Beobachtun-
gen über die Menschenraeen, die andere Vergleichungcn der Thier-
haraktere enthält. Einige der genannten Bilderreihen arbeitete
der Künstler in Deutschland unter dem Schutze des Herzogs von
Oldenburg aus.
Es finden sich aber von Tischbein auch viele Bilder in Oel,.
da er seinen Träumen nur in den Nebenstunden nachhin , und
dieselben durch Zeichnungen fixirte. Er malte in Neapeü Bild-
nisse, Landschaften und historische Darstellungen in Oel, immer-
hin aber machen seine Aquarellen den grössten Theil seiner Werke
aus, da er sich damals in anakreontischen Ideen, in Allegorien
aus der Menschen- und Thierwelt besonders gefiel; allein diese
slkizzenhaiten Bilder zogen ihm später den Vorwurf eines dilettan-
tenmässigen Betriebs der Kunst zu. Ein 12 F. hohes und 14 F.
breites Bild, das letzte Werk in Neapel, stellt den Hektar dar,
Wie er dem Paris seine Weichlichlieit verwirft. Dieses Gemälde
rettete ihjll 179g beim Ausbrüche der Revolution das Leben, da er
sich damit als deutscher Künstler legitimirte. Er schiffte sich jetzt mit
einem 1410511611, aber ausgesuchten Theile seiner Iiunstschiitze, da-
runter die Platten zum Homer und zum Vasenwerke, mit Hacliert
und Hnigelin nach Izivorno ein, aber vom Sturme verschlagen.
wurde das Schiff an der Küste von Horsilaa geliapert. Die Reisen.
den erhielten aber alle ihre Habseligkeiten zurück, und Tisuhbein