Volltext: Surugue, P. L. - Torre, G. (Bd. 18)

Tischbein , 
Johann 
Heinrich 
XVilhelul. 
Ernst sich der I-listorienmalerei zu widmen, und er entwarf meh- 
rere historische Compositionen. Zu seinen vorziiglichstexi gehört 
das Gemälde der Iplngenia, welche den von den Furien verfolgten 
Orestes tröstet. Dieses Thema wählte er aus Göthe's Tragödie, wel- 
cher damals mit Tisrhbein in ltorn lebte. Noch grösseres Auf- 
sehen erregte aber sein Bild des unglücklichen Couradin von 
Schwaben, wie er im Gefängnisse zu Neapel nach verkiincletem 
Todesurtheil mit Friedrich von Oesterrcich die Schachpartie fort- 
setzt. Dieses Bild ist ungefähr 8 F- breit 11ml 5 F. hoch und be- 
findet sich in der Gallerie zu Gotha. Auch in kleineren Wieder- 
holungen kommt es vor. Als eines der bessten VVerhe jener Zeit 
bereitete es dem Iiünstler entschiedenen Ruf, und man baute die 
grüssten Hoffnungen auf ihn. 'l"ischhein fand sich aber wenig 
ermuntert zur Bearbeitung vaterländischer Geschichtsscenen. Er 
wollte mit Gonradin von Schwaben einen Cyclus solcher Darstel- 
lungen eröffnen, wozu ihn seine Freunde in der Schweiz aneifer- 
ten. Er eomponirte dieses Bild in Zürich. und führte es dann von 
1785- 1781 zu Rom in (Jel aus, verstand sich aber nicht sogleich 
zur Fortsetzung des projelatirten Cyclus. Seine Scene aus Güthüs 
Götz von Berlichiugen erfolgte später, und ist als Fortsetzung 
zu betrachten. Dieses durch SusexuihPs Stich bekannte Bild stellt 
den Götz dar. wie er den gefangenen VVeislingen nach Jauxthau- 
sen bringt. Nach Vollendung seines Bildes des Conradin untei- 
nahm der Künstler einige Wiederholungen desselben, und Wen- 
dete sich dann dem heroischen Altertliume zu, da die Darstellun- 
gen aus demselben grüsseren Anklang fanden, als patriotische 
Scenen. Auch kam er damals auf die ldee. den Menschen in sei- 
nem Verhältni-sse zur Thierivelt darzustellen, was er später in 
zahlreichen Compositiozien veranschaulichte. Das erste Bild die- 
ser Art, welches er in Rom ausfiihrte, stellt die Herrschaft der 
Menschen über die Thiere dar. Dann malte Tischbein damals 
auch einige Bildnisse, worunter wir jenes von Güthe nennen, 
welchen er im Mantel und mit rundem Hute unter Trümmern 
der Vorzeit liegend vorstellte. Auch das Porträt des Malers und 
Archäologen Meyer malte er in Rom. 
Im Jahre 1787 begab sich der I-iünstler nach Neapel, wo ihm 
im folgenden Jahre die Königin für ein Bildniss des Kronprinzen 
eine goldene Dose mit 200 Unzen überreichen liess. Tischbein 
war in kurzer Zeit ein gefeierter Künstler. Er concurrirte dess- 
wegen um die Stelle eines Direktors der Alsadexnie zu Neapel, wo- 
bei er ein Bild zur Ausstellung brachte, welches den lqiüilig Mas- 
sinissa vorstellt, wie er der Sophonisbe den Giftbecher reicht. Die- 
ses Bild trugden Sieg davon, und Tischheizi wurde 1790 Direk- 
tor der Akademie. Er reorganisirte diese Anstalt, und bildete meh- 
rere geschickte Schüler. Auch mehrere Gemälde führte er aus, so 
wie eine grosse Anzahl von Zeichnungen. Wir verdanken diesem 
Meister eine homerische Gallerie in Abbildungen nach der Antike, 
deren Stich bei seiner Abreise von Neapel bis auf wenige Platten 
vollendet war. Dann zeichnete Tischbein auch eine grosse An- 
zahl von antiken Vasen für l-lainilton, welche ebenfalls gestochen 
sind, und worauf wir unten weiter zurückkommen, wie auf die 
homerischen Darstellungen. Der Künstler erwarb sich mit diesen 
Zeichnungen, deren Aechtheit im neuen deutschen Merkur 1801, 
S. 218 FR, untersucht wird, immerhin grosses Verdienst, indem sie 
zur Weckung des Sinnes für antike Iiunst nicht wenig beitragen. 
Er hatte aber iiberdiess noch eine Menge anderer Antiken gezeich- 
net. Auf 10 Foliobänrle beliefen sich die Zeichnungen dieser Art, 
als er nach_Deutschland zurückkehrte. Dann fertigte Tischbein
	        
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