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Tischbein ,
Johann
Heinrich.
Römer Teutsche und Franzosen sind, worauf Yiissly mit Recht
antwortet: Weil Tischbeinseine Kunst an den Quellen zu Paris
und Venedig, weniger an jenen zu Rom und des Alterthums
geschöpft habe. Noch sicherer finden wir den Künstler in Giitlufs
iunst und Alterthmn I. 2. 157 charahterisirt. wo es heisst, Tisch-
bein habe bei eigener fruchtbarer Eriindungsgahe von den fran-
zösischen hlustern das Oberflächliche, bloss Scheinende, das Siiss-
liche, Gezierte und den falschen Ausdruck angenommen. Er sei,
wie oben bemerkt, nur Nachahmer von Coypel und Vaulnu.
Tischbein wurde 1752 Cabinetsmalor des Landgrafen von Hes-
sen-Cassel, dann dirigirendei- Professor an der Akademie in Cas-r
ael, mit dem Titel eines Hefrathes. Er führte in dieser Eigenschait
viele Gemälde aus, sowohl historisch-niythologische Darstellungen,
als Bildnisse. Engelschall ziihlt 1714 historische Gemälde von die-
sem Künstler auf, und nennt als die vorziiglichstcn die Auferste-
hung Christi mit iiberlebensgrtisseu Figuren in der St. Michaels-
liirche zu Hamburg 17675; die Verklärung Christi in der lulhcri-
sehen Kirche zu Cassel 1767; Elermanrfs Trophäen nach dem Siege
über Varus, auf dem Schlosse zu Pyrmont 1788; einen Cyclus von
10 Bildern aus der Geschichte der Cleopatra, wovon die meisten
auf dem Schlosse Weissensnziu sind, von 176g einen Cyelns
von 16 grossen Bildern aus der Geschichte des 'l'elemach, iilier den
Thiiren im Schlosse von Wilhel1ns-'l'hal 1775 1776; die Altar-
bilder in der katholischen Kirche zu Casscl, worunter "besonrlcers
ein Ecce homo geriihmt wurde 1778; die Kreuzabnehmung und die
Himmelfahrt in der Hauptkirche zu Stralsund 1787; Christus am
Oelberge in der Kirche zu Hayna 178i, ein Geschenk des Kunst-
lers. Dann erwähnt Engelschall noch als unsterbliche Werke des
lWeisters: vier Darstellungen aus Tasso's llinaldo und Arniida im
Schlosse Weissenstein 1760; den Zorn des Achilles 1781; Elektra
an der Urne weinend 1735; den Tod der Alceste, und dieselbe von
Herkules zurückgebracht. Ausser den genannten Bildern ausTasso
sind im Lustschlosse Vleissenstein bei Cassel noch viele andere
Bilder von 'l'ischl'aein, alle historischen und_ mythologischen In-
halts. Auch auswärtige Fiirsten erwarben Bilder von ihm: Catha-
rina II. von Russland die Sophonishe mit dem Giftbecher 1774,
und Aeneas vor dem Throne der Dido 1777i; der Herzog von
Sachsen-Gotha die Cleopatra mit der Schlange, und Artemisia
mit der Asche ihre Gzmahls im Becher 1775; Prinz August von
Gotha drei SBNIllSCGIIED. Dass in den Gallerien zu Wien, Miiu-
chen und Dresden sich kein Bild von Tischbein befinde, hält der
gute Füssly für eine wahre Schande.
Dann linden sich auch einige Genrehilder von Tischbeiix. Das-
jenige, welches, unter dem Namen der Leserin bekannt, der
Künstler der lilopstoclfschen Lese esellschaft in Hamburg schenkte,
ist auf der Stadt-Bibliothek daselist. Dann findet man auch Fa_
milienhilcler, die als sogenannte Conversationsstiicke elten kön-
neu. Zu wiederholten Malen malte er sein eigenes Bilgdniss. Ein
solches von 1781 ist in der Akademie zu Cassel. Dann stellte er
sich 1774 mit seiner Familie in Lebensgrösse dar. Er erscheint in
Begleitung seiner zwei Töchter, und an der Wand sieht man die
Bildnisse seiner beiden verstorbenen Gattinuen. Auf einem ande-
ren kleinen Bilde erscheint er mit der Palette in der Hand. wie
er dem Clavierspiele seiner Tochter zuhört. Den Bildhauer Nah]
stellte er vor, wie er die Büste unsers Künstlers modellirt. Im
Schlosse Wilhelmsthal sind von ihm viele Bildnisse schöner Frauen,
theils in Lebensgriisse, theils in ßrustbildern, Dieses v-Gabinet