Volltext: Surugue, P. L. - Torre, G. (Bd. 18)

Tischbein , 
Johann 
Friedrich 
August. 
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und man würde sein Talent richtiger gewiirdiget haben, wenn er 
zur Nachbildung seiner VVerke einen erwünschten Stecher ge- 
funtlell hätte. Anfangs habe er XVille dazu ausersehen, aber bei 
näherer Bekanntschaft gefunden, dass dieser nicht der Mann sei, 
der seine VVei-ke init Geist und Energie darstellen liiinne  Seine 
Zeichnung sei im Ganzen richtig und bedeutungsvoll, das Nackte, 
verrathe Studium der Antike, die Gewänder, in welchen er frei- 
lich die historische VVahrlieit bisweilen verletzt habe, seyen im 
grossen Style geworfen, und lassen die Bewegung der Glieder 
ungezwungen durehscheiiien, da er aber mehr auf malerische 
VVirltung als genau berechnete Verhältnisse gesehen habe, so finde 
man seine Figuren nicht immer tadellos, das Ellektvolle, wonach 
er strebte, iiberschreite bisit-eiler. die Schranken, und störe die 
Harmonie des Ganzen,  die Stellungen werden gezwungen; al- 
lein der Ausdruck erhalte dadurch mehr Stiirke, und besonders 
seyen die Kopfwentlungeir fast iininer voll Geist und Leben, ge- 
setzt auch, dass die ruhige Grazie verloren gegangen, welche 
Kenner in den VVerken ItafaePs und der römischen Schule so 
sehr bewundern. Ein charakteristischer Zug in Tischbeiifs YVer- 
ken sei das grosse Verstiindniss dcs Helldunkels, seine Sorgfalt, 
die YVii-kung des Lichtes zu verstärken, sei so weit gegangen, 
dass der liiiiistler durch das Streben, jeder beleuchteten Parthic 
einen Schatten entgegen zu stellen, bisweilen in das Gesuchte ver- 
falle. Uebrigelns habe er (llllftäl grnsse Licht- und Schattenmzisscn 
Ruhe und Ha tunir in seine oinpnsitionen ebracht. Bei seiner 
stctten Uebung 731V sichern lilanc". gelanglgghabe er seine Um- 
risse keck und sicher geführt, was aber nur in seinen Skizzen und 
Entwürfen liervortrete, da in den aiisgeliihrten Gemälden die Uni- 
risse sowohlsals  'l_"inte_n zum] Yerwunrlernhsanft irersclnnol- 
zen se 'en. ein o orit sei aus (e: venetianisc en und französi- 
schen lSchule zusammengesetzt, heiter und durch eine gefällige 
Lebhaftigkeit einladend, bei reichen Compositionen gehe jedoch 
diese Lebhaftigkeit in das Bunte über und störe die Ruhe des To- 
taleiildruckes. Der Pinsel sei niarlsig, mit Sicherheit efiihrt und 
daher kühn in markvollen Driickeii. Er habe durchscheinende 
Farben geliebt, und sich besonders in den jüngeren Jahren et- 
was zu sehr dem Enthusiasmus der Lasirungen ergeben, was einen 
Zweifel an der Dauerhaftigkeit seine: Colorits erregte. 
Auch auf die Wahl der Gegenstände und die Auffassung dersel- 
ben geht Engelseliall ein, und gibt, so wie im Obigen, auch hieniit 
die Ansicht der Zeit des liiinstlers. Bei Tischbeiifs Hang, die Be- 
gebenheiten der Heldenzeit darzustellen, sagt er. sei sein Genie 
gleichwohl weniger fur das Grosse im Allgemeinen, für das Ideal 
wie es uns in der Antike begegne, eingfiinglich gewesen, als für 
das Pathetische in Darstellung einer bestimmten Begebenheit aus 
der Fabel oder Geschichte. Uebrigens habe er das Erhabene dein 
bloss Schönen vorgezogen, und am liebsten solche Gegenstände 
behandelt, die durch ein höheres Interesse das moralische und 
ästhetische Gefühl in Ileivegnng setzen, und nicht bloss durch 
Sinnenreiz gefallen. Seine Coinpositionen  mehr überdacht, als 
durch den Schlag einer Zauberrnthe entstanden  zeigen durch 
ihre Rundung und Einheit, dass sie nie blosse Zusammenstellung 
einzelner in der Natur aufgefasster Ziige, sondern Schöpfungen ei- 
ner ordnenden Einbildungskraft seyen. Aus diesem freien Walten 
der Phantasie wollte es sich Engelscliall erklären, warum man bei 
Tischbein in den Physiugnomien der handelnden Personen, wel- 
che selten das Nationalgeprtige tragen, die historische Wahrheit vor 
misse. Es ist ihm aber dennoch auffallend, dass seine Griechen und
	        
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