Thorvvaldsen ,
Bcrtel.
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den 19. November, in Copenhagen geboren, wohin sein Vater
Gottsehalk, ein Bildschnitzer, gekommen war. Bertel sollte das
Handwerk des Vaters erlernen, und schnitzte schon als zarter
linabc im Sehuitzhause auf dem Holm. Gottschalk konnte nicht
zeichnen, und schickte desshalb den eilfjiihrigen Knaben in die
FFQiSClHllE der Iiuxistalsademie, wo dieser in zwei Jahren solche
Fortschritte machte, dass er dem Vater nicht nur fleissig zur Hand
gehen, sondern dessen Arbeiten verbessern konnte. In manches
liolzbild zur Galion des SchiEes brachte er mit dreister Hand Le-
bensziigc. Unbemerkt unter den anderen Knaben, ohne eigent-
lich fleissig zu seyn, am meisten mit dem Auge thiitig, brachte
Bcrtel sechs Jahre in der Schule auf Charlottenburg zu, war aber
bei der Confirxnatiun in den E1ernentarkezintnissexi noch so weit
znriiclt, dass ihn der Probst Hoyer zu unterst zwischen die armen
Iinaben stellte. Damals war durch die Zeitung bekannt, dass
der Eleve Tborwaldsen bei der Akademie mit dem Basrelief eines
ruhenden Amor (in der Kunstsammlung zu Kopenhagen) die kleine
Silbermedaille erhalten habe, und der Probst fragte ihn, ob dicss
sein Bruder sei? Ich bin es selbst, sagte Bertel, und der Geist-
liche setzte ihn zu oberst über alle Iinaben, und nannte ihn von
nun an vMonsieur Thorwalclsennc Dieser Titel klang damals tief
in seine Seele, und der Meister erzählte später oft, dass er die-
sen Moment nie vergessen habe.
In einem kleinem Hause in Aabenraa, Ilolbergfs Poetenwin-
lcel, theilte jetzt Thoswaldsen seine Zeit zwischen der Kunst und
der Hiilfe, die er dem Vater leistete. Er schnitt Ornamente in
nalen, wovon 7 Bände gedruckt sind, gibt eine grosse
Stamintafel von dem Geschlechte unsers Künstlers, welche
auch Thiele beifiigte.
Ueber Thorwaldsens Geburtsort sind die Meinungen getheilt
gewesen. Einige haben angenommen, dass er auf Island,
andere, dass er in Copcnhagen geboren, und wieder an-
dere behaupteten, das er auf einem Schiffe, welches seine
Aeltern von Island nach Copenhagen brachte, das Licht
der VVelt erblickt habe. Allein Thorwaldsen sagte selbst,
dass er in Copenhagen geboren sei. Wäre er auf Island
getauft, so müsste er der Landessitte gemäss Bertel Gott-
slaallisen genannt worden seyn. Auffallend ist die Behaup-
tung der Mine. Stael-Holstein (Sur l'Allemagne dass
Thorwaldsen in Deutschland erzogen sei. Sie scheint durch
A. W. Schlegel dazu verleitet werden zu seyu, welcher in
der Jcnaer Allg. Lit. Zeitung 1808, Intelligenzblatt 120,
sagt, dass wir diesen Meister gewissermassen uns zueignen
dürfen, da er, wie wohl ein Däne von Geburt, wie ein
Deutscher unsere Sprache rede,lund ganz deutsche Bildung
besitze. Allein Thorwaldsen betrat erst ungefähr 50 Jahre
alt den deutschen Boden.
Auch sein Geburtsjahr wird verschieden angegeben, in-
dem ihn einige 1771 oder 1772 geboren werden lassen. Er
selbst bestimmte 1770, wusste aber den Tag nicht anzuge-
bßll- Der Justizrath Haste (Riises Archiv 1824- S. 509)
1161m! aber den November, weil er ihn in einem alten
Schreibkalender eingetragen fand. Thorwaldsen nahm den
8. März, wo er in Rom ankam, als seinen Geburtstag,
als den Tag, an welchem er der liunst geschenkt vmrtle.