336
Steubcn ,
Carl.
Das Naive. Zarte, _Feinß, die unbewusste Grazie und die uuschiiL
dige Schclmerei dieses reizenden Geschöpfes bezaubern. Sie ist
halb nackt auf dem Buhebette mit ihrem weissen Büchlein. Links
im Hintergrunde bemerkt man Quasimorlrfs Figur, aber keinem
Wegs den Originaltypus, welchen V. Hugo's Phantasie ersunneyL
Der Besitzer dieses Bildes ist Uroy de St. Berlan in Nantes. Zwei
andere Darstellungen sind in grösserem Formate, und davon ist
die eine dem biblischen Iireise entnommen. Dieses Bild stellt die
Judith dar, wie sie mit der Alten in das Lager des Holofernes geht
Das zweite, früher als die Judith gemalt, zeigt die wahnsinnige
Johanna von Castilien, wie sie am Paradebette das Wiedereiwwh
chen ihres Gemahls erwartet, wo die Beivverlse so glänzend sind
dass die handelnden Personen im Schatten stehen. Ein kleines:
Bild im Palais lioyal stellt den Hut des liaisers in den verschie-
denen Phasen von dessen Leben dar.
Im Jahre_1845 brachte Steuben zwei vorzügliche Bilder zur
Ausstellung, Joseph und Putiphafs Frau, und Hagar vor Ab_
raham, beide durch den Stich bekannt, welcher aber die Feinheit
der Originale nur sehr unvollkommen wieder gibt. in der Bei_
lage zur allgemeinen Zeitung 13116 Nro. 525, sagt ein Bericht-
geber über die Hunstausstellung zu Berlin, dass wohl keine von
allen Darstellungen jener bedenklichen Scenc an Zartheit mit die_
ser Steubedschen vergleichbar sei, auch nicht die des Rafael, weicher
der Frau ein so hässliches Gesicht gab, dass die entsetzliche Hast
mit welcher er den Joseph davonlaufen lässt, auch ohne Keusch:
hcit erklärlich wird. Bei Steuben sehen wir dagegen die SChÖne
Frau mit grossen lieizen halb. verhüllt auf ihrem Lager, Sie sieht
auf den jungen, am Fusse des Bettes stehenden Joseph mit einem
beredten, aber jeden widerlich verletzenden freien Blick,_ und
reicht ihm die Hand dar. Der Jüngling flieht nicht; er senkt
züchtig den Blick und tritt betroffen zurück. Iieiner hat viel-
leicht diesen Gegenstand sinniger und anziehender behandeh
wenn sich auch ein gewisser Mangel an Charakteristik ausspricht:
In dieser Hinsicht ist die Hager auf dem anderen Bilde weit die
vorzüglichste Figur, leider ist aber der Abraham durchaus v"-
rifien. Der genannte Berichtgeber meint, dem Talente diese;
glalers seyen vielleicht sehr bestimmte Gränzen vorgezeichnet, aber
innerhalb derselben, so wie auch in seinen Bildnissen, zeige e,-
sich als einen Mann von feinem Gefühl und nicht gewöhnlichem
Geist. Steuben hatte viele Bildnisse gemalt, welche an Wahrheii
Feinheit und Klarheit der Färbung, wie an Leichtigkeit und Sicher:
heit der Touche zu dem Bessten gehören, was _in unsern Tagen
gemacht wird. Zu seinen früheren gehört das Bilduiss Napoleoifg
welchen er für den Colonel Chanibure malte, dann jenes des Pi-in-
zeu von Preussen, des Alexander von Humboldt u, s. w. Ei"
Verzeicbniss derselben zu geben ist nicht möglich, denn in den
Ausstellungs -Catal0gen steht häufig nur: Portrait de Mr. und
Mme. N. N.
C. Steuben wurde 1828 Ritter der Ehrenlegion.
Stiche und Lithographien nach Bildern dieses
M e is t e rs.
The Emperor Napoleon, Brustbild, gcst. von A. Lefevre, fuL
Der Prinz von Preussen, gest. von Liguon, fol.
Alexander von Humboldt, gest. von Lignon, lol.
Jean Saus-peur, duc de Bourgogne, in Stahl gestochen von
Sichling, gr. 8.
Louis de France, in Stahl gest. von Sichling, gr. 8.