Steinbacb ,
Erwin
VOD-
271
rungen erkliirlichen Eigenthümlichkeiten der Facadc wurde schon
früher in Schriften über den Dom berührt, aber nie erschöpfend
dargestellt und erwiesen; den Beweis lieferte aber die neueste Zeit
durch die im Archive des Frauenhauses zu Strassburg aufbewahr-
ten Baurisse, die jedoch schon oft, aber nur im Allgemeinen, und
zwar meistens auf unrichtige Weise besprochen wurden. Dem
Herrn Prof. v. Görres gebührt das Verdienst zuerst eine Uebersicht
derselben in einer geistreichen Abhandlung über den Strassburger
Münster in den Heidelberger Jahrbiicltern 1846 gegeben zu haben,
und in der allgemeinen Zeitung desselben Jahres lesen wir Nr. '24.
auch eine Anzeige des Alchivar Dr. L. Schneegans, mit der freu-
digen Aussicht einer Veröffentlichung dieser Bisse unter dem Schu-
tze der ßrlunicipalbehörde von Strassburg, nach den meisterhaften
Facsimiles des Architekten Perrin. Diese Sammlung besteht aus
13 auf Pergament gezeichneten geometrischen Aufrissen und Grund-
rissen, welche sich beinahe siimmtlich auf den im Jahre 1277 durch
Erwin begonnenen und im Jahre 145g durch Hans Hültz von Cöln
beendigten Bau des Münsters beziehen. Sie gehen den bessten
Aufschluss über die verschiedenen Zusätze und Abänderungen des
ursprünglichen Planes durch die späteren Werkmeister. Die älte-
sten Zeichnungen rühren ohne Zweifel von der Hand des unsterb-
lichen Erwin her. Diese bestehen 1) in dem Entwurfe der linken
Seite einer Facade, welche zvirar in der allgemeinen Anordnung
ziemlich mit der seitdem ausgeführten übereinstimmt, im Einzel-
nen aber ganz davon abweicht; 2) in einer inneren Ansicht der
zwei unteren Stockwerke der Erwin'schen Vorderseite; 5) und lt)
in zwei auf diese letztere bezüglichen Grundrissen. Diesen älteren
Rissen reihen sich 5) und 6) zwei beinahe gleiche an, welche der-
selben Zeit anzugehören und Entwürfe eines anderen, in Hinsicht
seines Iiunstvermögens geringeren Meisters zu seyn scheinen.
Dann folgen die späteren Zeichnungen: 7) ein Grundriss, alles
vom Fusse der Vorderseite bis hinauf zur Pyramide in sich hal-
tend. 8) Der grösste auf einem Pergament von 12 F. befindliche
Aufriss des ganzen lVlitlelstiickes der Fnoade bis zur Höhe der
jetzigen Plattform, mit dem Entwurf des, in der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts, zwischen den Untersätzen der Erwiifschen Thü-
ren eingesetzten Glockenhauses, wodurch die Vorderseite um ein
- ganzes Stockwerk erhöht wurde, und wodurch aber auch des un.
vergleichlich harmonische Verhältniss zwischen Höhe und Breite,
so wie das Ebenmass der einzelnen Theile des Erwin'schcn Baues
getrübt wurden. g) Ein ziemlich werthloser Aufriss der südlichen
Hälfte der jetzigen Faeade. Ferner kommen die auf den jetzigen
Thurm bezüglichen Zeichnungen: 10) zuerst die linteressanteste
derselben, der Aufriss des ganzen Thurmgebäudes von der Platt.
form hinweg bis zur Krone, in den unteren Theilen, und bis oben
an den Schluss der sogenannten, hier mit Thürmchen überbauten
vier Schnecken genau das Bestehende wiedergcbend, von dort hin-
weg aber den ersten Entwurf zur jetzigen Thurmspitze oder Py-
ramide aufweisend. Diesem Aufrisse schliessen sich 11 12), 15)
und 14) mehrere auf eben diesen Thurm bezügliche Grundrisse
an. Die übrigen Zeichnungen begreifen 15) und 16) den Aufriss
und Grundriss der prachtvollen, im J. 1485 von Hans Meyger oder
Hammer errichteten Kanzel, 17) den gemalten Aufriss der OrgßV),
und 13) den Aufriss des sogenannten, von 1494 1595 durch
t") Die Qrgel wurde 1527 von dem Zimmermanne Claus Karl
gefertiget, und ihreliosten betrugen 450 Pfund. Vgl. StrobePs
Liesch. des Elsasscs ll. 171. lu Holz geschnitten v. T. Stilmucp,