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Siena,
Guido
im Iiunstblatte 1852 Nr. 31, nicht mehr die schwarzbraune byzan
tinische Zigeunerin oder jene in Candia und Corfu verehrte ein
gesargteMadonna; sie erinnert nur entfernt noch an diese Her
kunft und kann schon für eine unter italienischem Himmel geborn
Jungfrau gelten. Mehr aber, als an barbarische-byzantinische Zei
werden wir bei diesem Bilde an die vollendeten Formen der Blüthe
zeit der klassischen griechischen Iiunst erinnert, so wie dann über
haupt Siena und Pisa schon frühe mit altgricchischen Kunstwerke:
bekannt wurden. Besonders erkennt man in der Anordnung der
Gewandes, wie sehr Guido von den byzantinischen Vorbildern ab.
gewichen ist. In letzteren ist zwar ebenfalls Reichthum und Füllt
der Gewänder vorhanden, allein Grazie und schöne Anordnung
fehlen ganz, wenigstens in den als byzantinische Arbeit beglaubig
ten Musiven. In Guido's Bild lässt sich aber jede Falte genau
verfolgen; in grossen Wellen und Brüchen fliesst das Gewand
herab, so dass man die grossen Körperformen, die sie bedecken,
darunter erkennt. Das Iiind erscheint dagegen dürftig und mager
was der Verfasser des genannten Aufsatzes dadurch erklären will,
dass es die Absicht des Künstlers war, den Heiland, den Mensch
gewordenen Gott in aller Dürftigkeit und Armuth darzustellen,
um ihn den Menschen desto näher zu bringen. Noch mehr tritl
die Zeichnung und Malerei in den die Madonna umgebenden
Engeln, und in dem Bilde Gott Vaters zurück, was 'in dem ge-
nannten Aufsatz als Folge der Schülerarbeit erklärt wird. Im Kunst-
blatt 1827 Nr. 47 wird aber bewiesen, dass dieses Bild übermalt
sei, namentlich in der Madonna. Auch Frhr. v. Bumohr (ital.
Forsch. I. 355) behauptet, dass das Bild hie und da übermalt sei.
Aus der erhaltenen Arbeit ersah der genannte Schriftsteller, dass
sich Guido griechischer Bindemittel bedient habe, und dass er
noch immer gleich weit von der mageren Zierlichkeit der Byzan-
tiner, als von der breiteren Formenandeutung des Cimabue entfernt
sei. Die unverhältnissmässige Kleinheit und Magerheit des Iiin-
des, die widrige Verkleinerung der Engel und Gott Vaters in den
oben über der Abtheilung des goldenen Feldes ausgesparten Win-
kein, erinnert den genannten liunstkenner in einer Hinsicht an
byzantinische, in anderer an barbarisch-italienische Gewöhnung,
welche in diesem Bilde in einander überzugehen und gegenseitig
zu verfliessen scheinen. Was die Praxis der lYIalerei anbelangt
stimmt der Verfasser des Aufsatzes im Kunstblatte 1352 nicht mit
Hrn. v. Bumohr überein, und zwar aus dem Grunde, weil wir die
griechischen Bindemittel nicht kennen; weil wenigstens Moronaä
Versuche zu keinem entscheidenden Ergebniss geführt hätten. Er
glaubt, man dürfe in diesem dünnen Auftrage, in diesen durch-
scheinenden Lasuren, die sich seit sechs hundert Jahren so rein
und klar erhalten haben, dass man die farbigen Töne sehr wohl
unterscheide, schwerlich die Wachsmalerei, welche das Geheim-
niss d_er_l3yzantiner gewesen seyn soll, wieder finden. Nur über
die für ]ene Zeit herrliche Gestalt der Madonna stimmen beide
überein. Auch Rumohr erkennt darin deutliche Spuren von Würde
und Holdsehgkeit. und wenn das Bild gleich von Härten und
Mängeln nicht frei ist, und nur kärgliche Spuren des tief schlum-
mernden Geistes Sieh edeubaren, so setzt er Guido'S Werk in je:
dem Betrachte über die Gebilde seiner griechischen Vorgänger. Bei
S. d'Agincoui-t pl. CXVll. ist eine Abbildung im Umrisse, dieser
Schriftsteller irrt aber, wenn er das Gemälde für vollkommen er-
halten ansieht.
ln der akademischen Sammlung zu Sienasind noch andere Bilder,
welche dem Guido zugeschrieben werden, sie sollen abei-Jnit der