Schoreel ,
Jan
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dessen kunstliebende Freunde, und ward mit reichen Geschenken,
mit Lob und Ehren von allen Seiten überhäuft. Doch wurde ihm
auch ein Lohn in dem Herzen der Tochter des Hauses. SchoreePs
Liebenswürdigkeit, sein angenehmes Aeussere, sein gebildeter Geist
machten auf das Fräulein einen zu tiefen und lebhaftenEindi-uek, als
dass ihr Vater lange darüber hätte im Dunkeln bleiben können,
und der hochherzige Mann ehrte die Kunst und den Künstler,
den er selbst liebte, zu sehr, um hier Bang. Geburt und Vermögen
zu berechnen. Er selbst bot daher dem jungen Maler die Hand
der Tochter, um die, wie er wohl wusste, des Jiinglings Beschei-
denheit ihm nie erlauben wiirde zu werben. Doch das rosige
Bild der Tochter des Jacob Cornelis lebte noch immer in dem
treuen Gemüth, und so blieb Schoreelen nichts übrig, als das gast-
freie Schloss zu verlassen und von neuem den Wanderstab zu er-
greifen. Mit dem vollen Bewustsein, noch nicht das zu seyn,
was er zu werden Kraft und Muth in sich fühlte, lenkte er seine
Schritte immer weiter von der Heimath ab, wo, wie er holfte, der
süsseste Lohn indessen für ihn heranblühte. Fr zog nach Vene-
dig. Hier fesselte ihn vor allen die Bekanntschaft eines sehr un-
terrichteten und lsunstverstiindigen Landsmannes, eines Iiloster-
bruders, der da auf mehrere Pilger wartete, die von dort aus mit
ihm sich zu einer Wallfahrt nach Jerusalem einschilTen wollten.
Dieser frommen Gesellschaft schloss sich auch Schorel an, ging
mit ihnen unter Segel, und hatte so günstige Fahrt, dass er selbst
auf dem Schiffe der gewohnten Uebung seiner Kunst nicht ent-
sagen durfte. Er malte während der Reise mehrere seiner Beglei-
ter, und zeichnete alle ihm vorkommenden merkwürdigen Gegen-
stände sehr sauber und treu in ein kleines Buch, welches er zu
diesem Behufe stets bei sich führte. Auch auf den Inseln Candia
und (Zypern machte er Studien nach der Natur, und sammelte so
unschätzbaren Vorrath für künftige Arbeiten in seinem Vaterlande.
Endlich gelangte cr nach Jerusalem, wo ihm sein frommer Freund
in dem Pater Guardian des Klosters Sion eine eben so nützliche
als angenehme Bekanntschaft zulührte; denn dieser nahm ihn
nicht nur freundlich auf, sondern lud ihn auch zur Begleitung
auf seiner Berufsreise durch die Umgebung von Jerusalem ein.
Er zeichnete auch hier vieles nach" der Natur, besonders die Ufer
des Jordans, eine Zeichnung, die er später in den Niederlanden
zu einer Darstellung des Durehganges der Israeliten durch diesen
Strom benutzte. Auch zeichnete er Ansichten der Stadt Jerusalem
von verschiedenen Seiten. das heil. Grab, und alle merkwürdigen
Stellen jener dem heiligsten Andenken geweihten Gegenden. Nach
seiner Heimkehr ins Vaterland benutzte Schoreel späterhin alle
diese Studien zu herrlichen Landschaften, welche, besonders für
seine Zeitgenossen, das Interesse seiner vielen Darstellungen aus
der Geschichte des neuen Testaments ungemein erhöhten. Der
Pater Guardian hatte Schorel während seines Aufenthaltes in Jeru-
salem so lieb geivonnen, dass er ihn nur ungern von sich lassen
Wollte. und drang ihm noch beim Abschiede das Versprechen
ab, während derReise ein Blld für sein liloster zu malen. Schoreel
hielt Wort, und malte auf dem Schiffe den Apostel Thomas, wie
er zwcifelnd die Seitenwunde des Heilands berührt. Es iwar im
Jahre 1520 und Schoreel 23 Jahre alt, da er aus dem heil. Lande
zurückkchrte, und kam nach einer sehr glücklichen Reise endlich
wieder in Venedig an. Seine erste Sorge war hier das Bild, das
er auf dem Schiffe gemalt, zurück nach Jerusalem ahzusenden.
E; langte wohlbehalten an und erhielt einen selir_ehrelivullen
Platz an der durch die Geburt des lleilandcs gclteillgten Stätte,