Schiavuni ,
Nutule-
ner Zeit zeichnet sich besonders das Familienbild des Fürsten
Lichtenstein aus. Die Einladung zur liunstaustelltmg bei St. Anna
erregte jetzt auch wieder seinen Eifer für die Oelmalerei, und eint;
Ruhe der heil. Familie in Aegypten fand damals grossen Beifall.
Dadurch auilgemuntert malte er mehrere Madonnenbilder, worunter
jenes im Besitze des Sig. Rnsctti sich durch ungcmeinc Lieblich-
keit auszeichnet. Die Darstellung sanfter Weiblicher Charchtcre
gelang ihm von jeher, und somit malte er jetzt mit Vorliebe N13.
dannen. Compositionen von mehreren Figuren sind selten von
ihm zu finden: Der genannte llr. liosetti, einer der Gönner des
liiinstlers, besitzt ein sogenanntes Conversatioxisstiick in der Weise
der flämischen Schule, welches den llosetti selbst vorstellt, wie
er einer Clavierspielerin zuhorcht. Dieses Bild gehört zu den bes.
seren des Weisters aus dessen früherer Zeit, und dazu ist auch
eine mythologische Darstellung zu rechnen, Welche aus der Bsp..-
sition von 1324 bekannt ist: das Bild der Ju, im Besitze des Alt-
grafen Hugo von Salm.
Von Wien aus begab sich Schiavoni nach Mailand, wo Q,-
jetzt, durch G. Longhi angcrcizt, sich wieder ansschliesslich
der liupferstccherliunst widmete, und hierin Arbeiten lieferte, W43]-
che ihm dauernden Ruhm sichern, sowohl sprechend ähnliche Bild-
nisse. als grösserc historische Blätter, worunter sein Stich der Him-
melfahrt Mariä von Titlan als eines der Hauptwerhe der modernen
Challsographie zu betrachten ist. Auch llafaePs Madonna della Se-
dia und die Iireuzabtiehmung von Titiau hatte er trefflich nach-
gebildet. Dennoch verliess der Iiiinstler später wieder die Kupfer-
satecherhunst zu Gunsten der Oehnalerei, und diese ist es, welche
ihm neuen Ruhm bereitete. Er malte anfangs wieder Madonna"
und andere Andachtsbilder mit weiblichen Charakteren; auchumeh-
rere Altarbliitter, worunter jenes mit der heil. Catharina in d"
liirche zu Castel Franco geriihmt wird. Noch treflliclier
befand man damals seine lebensgrosse Magdalena, welche seit 1333
in der Gallerie des Belvetlerc zu Wien aufbewahrtist. Sie [mm
in tiefem Schmerz Vßfülllllißn in einer Höhle. Schiavoni benrlsun.
det in diesem, und in mehreren anderen Gemälden sein reiches T3.
lent zur Malerei, und man muss ihn daher nicht aus jenen Bildern
beurtheilen, auf welche er weniger Studium verwendete, worin er
sogar flau und leichtsinnig erscheint. Es finden sich niilnlich auch
Gemälde von ihm, in welchen er sich zu viel auf seine Leichtig-
keit verliess. In den Miniaturen hat er fast immer läichtiges ge-
leistet. Seit mehreren Jahren gehört er zu den Malern der Müde
was er aber nicht durch seine Madc-nnen geworden, sondern durc];
seine halbnacliten Mädchen in allerlei Stellnngeti und Costümcn.
mit wunderschönen Armen, Busen und sonstigen Nuditäten, nur
mit etwas trüben, oft schmutzigen Fleischtöuen. Alle diese Mild.
chen, mit naivem, nicht selten zum Schelmischen übergehenden)
Zuge, haben mit geringen Veränderungen durchaus dasselbe Ge-
sicht, sie sind aber wundcrhiibsch nnd mit Geschmack und Ge-
schick gemalt. Auch in der lllodellirung und im Helldunhel sind
diese Bilder oft so vollkommen, wie wenige dieser Art. Dcsswg-
gen kann Scbiavoni hundertmal dasselbe Modell copiren, ohne
dass es ihm an Liebhabern fehlt, da er auch fiir lüsterne Augen
sorgt. deren Sinne im llalbverbixllteu lieiz finden. Die Zahl die-
5er lieblichen und reizenden Mädchen ist auch schon sehr groß
und sie haben seine Madonnenbilder und seine weiblichen Heili:
gengestalten bereits in den Hintergrund gedrängt. In seinem Sti-e.
ben nach Realität sind ihm auch die Bilder, welche rein ideale
Auffassung bedingen, nie ganz vollkommen gelungen- Die reli-