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Sehzulow ,
Friedrich
YVilhelm ,
Bitter.
und die vaterländische Geschichte des Mittelalters zu bearbeiten
hatte, aber bei dem gi-ossartigsten Streben dennoch keine eigenb
liche Popularität gewinnen konnte, weil diese Gegenstände de,
herrschenden Richtung der Zeit und dem Geschmacke des grössel-en
Publikums zu entfernt liegen, und zu wenig äusseren Reiz besitzen, um
eine allgemeine angenehme Stimmung hervorzurufen. Man vermisste
an den grossartigen Compositionen, welche die weiten lläunie füllen
jenen Zauber der Farben- und Lichtwirkung. und die Feinheiten de;
Oelmalerei, welche die Düsseldorfer Schule von vorne herein pflegte
wodurch sie alle jene Vorzüge, welche das Gemüth, die Sinne um;
das Auge der grossen Menge fesseln, früher erlangt, als die Miinetb
nei- Schule des Cornelius, von welcher aber jene späteren Schulen
der Professoren Hess und Schnorr zu unterscheiden sind, die nach
ihren Leistungen ebenfalls in eigenthümlichem Charakter erschei_
nen. Diese" liunstbestrebungen hatten gliinzendere Erfolge, als jene
der älteren Schule, deren strenge und ernste Fresken dadurch dem
Sinne nur noch ferner gerückt wurden. Die Düsseldorfer Schule
die jener des Cornelius gegenüber tritt, hatte von jeher ein Feld
gewählt, auf welchem allgenieinerer Beifall geerndtet werden musste
da ihre Ausdrucksweise dem modernen Gefühle verständlicher wmf
und durch die ausgebildete Technik der Oelmalerei ein lleiz de;
äusseren Erscheinung erzielt wurde, welcher den Werken der 5i_
teren Schwester fehlt. Diese strebte vorzugsweise nach Styl du,
Formen, welche als Resultat einer freien, phantasievollen Erfin_
dung zu betrachten sind, als 'l'riiger des ernsten Gedankens, qor
sich selbst genügt, unbekümmert um das, was das Auge entzückt,
allein über diesem Streben geschah dem feinen Naturstutliuin, de;
Ausbildung des Farbensinnes und der Erforschung der Geheimnisse
der Technik Eintrag, und dieser Mangel der Schule wurde bei
Beurtheilung ihrer Werke manchmal sogar vor allem hßft't.tt'guliu_
ben, statt das Wesentliche derselben zu erfassen. Von diesem Stantp
punkte aus betrachtet, musste natürlich die Düsseldorfer Schule
unendlich gewinnen, da sie mit allen Feinheiten und Reizen du,
Oelmalerci statt alter Epopäen moderne Balladen, statt frei entwuh
t-ener strenger Charaktere sentimentale (iestaltcn der Wirklichkeit
in kleineren romantischen Compositionen zur Anschauung brachte
und mit diesen die Landschaft und das Genre zu einer vOllliOlIllnen:
heit ausbildete, welche den Erzeugnissen dieser Schule zum Theil
den höchsten Reiz verliehen. Die Düsseldorfer Schule ist also uh
sprünglich keine streng historische, und wenn ihr die Aufgabe gegb
beii wurde, auf ernstere geschichtliche Darstellungen einzugehen
konnte die Critik bei aller Anerkennung ihrer Vorzüge, doch nieh;
verhehlen, dass man in diesem Falle ein freiwilliges Beschränken auf
Schilderung blOSSlT ZustE-intle oder einen hrlangel an durcligreifi-"der
Herrschaft und innerer Belebung des Gedankens bemerke. ln du.
neuesten Zeit fand sich indessen die Critik beinüssiget. auch in
dieser Hinsicht ihr Urtheil zu niäissigen. da in einzelnen Erschoh
uungen selbst auf streng historischer Basis Ausgezeichnetes gelii,
stet wurde. Die Düsseldorfer Schule huldiget aber im Ganzen noch
immer der älteren Schule eines Cornelius gegenüber einem treib
ren, aber auf gemüthlicher Auffassung beruhenden Naturalismus
P. von Cornelius, welchem seit 18.41 in Berlin ein neuer Wirkuu
kreis gezogen ist, muss noch immer als der Repräsentant der Mäh
ren Schule des 19. Jahrhunderts betrachtet werden, die sich i'm-ran
durch das Streben nach grossartig stylistischer Auffassung auszeiclp
net. Bei einseitiger B urtheilnng und im Vergleiche mit der Düs_
seldorfer Schule, wird sie aber auch in Berlin die geringere Zahl
der Bewunderer für sich haben.