Volltext: Rubens, A. - Santi, Rafael (Bd. 14)

Santi 
Rafael: 
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höchste Erlindungsgabe und das feinste Gefiihl fiir die Schönheit 
der Linien erfordert, hat Rafael abermals die unerschöpfliche Fülle 
Feiner Phantasie hewviihrt, und eine Ueberlcgetiheit bewiesen, wel- 
cher nie ein anderer Meister auch nur entfernt nahe geleommen ist. 
In der Färbung hat nach Passavant Rafael durchgehend einen 
leuchtenden Tun, so dass bei der grössten Tiefe seiner Farben die 
Schatten stets glanzvoll sind. Dieses beobachtete er ebensowohl in 
der Carnation. als im Colorit der Gewänder und anderer Thcile. 
Die Lichter, die er beim Untermalcn hell aufsetzte, pflegte er leicht 
zu lasiren, wodurch sie etwas Mildes, zugleich aber etwas Glii- 
hendus erhielten. Die allgemeine Farbenangabe seiner Gemälde 
zeigt im Grossen wie im Iileineti ein richtiges Gefühl fiir Tutalität 
und für die Gegensätze  so dass seine Färbung immer reich und 
harmonisch ist. In seinen früheren Werken war er mit dem Hell- 
dunhel noch nicht bekannt; aber durch Leonardtfs und Fra Bar- 
tolomctfs Werlse erhielt er schon in Florenz Aufschlüsse darüber. 
Noch wirksamer scheint um 1512 Giorgiontfs Behandlungsweise 
gewesen zu seyn, und in seinem letzten Werke, der Transiigura- 
tinn, sehen wir ihn im Hclldunltel selbst mit Correggio wetteifern. 
Was aber das Charakteristische des Colurits, die Macht und Wahr- 
heit der Färbung in den Bilclnissen anbelangt, so kann man sei- 
ne gelungensten l-lervorbringungen dieser Art dem Ausgezeich- 
nctsten, was je geleistet worden ist, an die Seite stellen. Um ihn 
aber richtig zu beurtheilcn, muss man seine von ihm selbst in 
Rom ausgeführten Gemälde aufsuchen, und sicher, sagt Passavant, 
wird man dann finden. dass z. B. das charakteristisch historische 
Colnrit in der heil. Ciicilin zu Bologna, und die Macht der Local- 
töne und deren Abstufung im Bildnisse Leo X. im Pallaste Pitti 
nie übertroffen, vielleicht an tiefer Poesie der Färbung nie erreicht 
worden sind. 
Ueber die Vorzüge der verschiedenen Epochen RafaePs sind 
in neuem Zeiten einander widersprechende Ansichten aufgekom- 
men, namentlich hat bei nicht VVenigen die Meinung Eingang ge- 
funden, dass RafaePs Werke aus der Florentixiiseheix oder der mitts 
lern Epoche den Vorrang vor denen aus seinen letzten Lebensjah- 
rc-n verdienen. Diese lYIeinung hält Passavant fiir unbegründet. 
Er ist zwar geneigt zuzugeben, dass Rafael in seiner Florentiner 
Manier MBClODHEH gemalt, welche, wie die des Gmssherzogs von 
Toslsana und jene, la belle jardiniere genannt, eine Anschauung 
von Jungfräuliehlseit und Demuth geben, wie wir sie in keinem 
der späteren Madonnenbilder in gleicher Weise wiederfinden; er 
nimmt aber die Madonna del Pesce und die vom heil. Sixtus zum 
Beweise, dass Rafael auch in seiner letzten Iiiinstlerepoche die 
Mutter Gottes in ihrer liebinnigcn Ergebung und königlichen Ho- 
heit über allen Vergleich herrlich darzustellen vermochte. Der ge- 
 Unter Totalität versteht Passavant die in gleichem Maasse vor- 
handenen drei Ilauptfarben: Roth, Gelb und Blau. auch dann, 
wenn keine derselben rein angewendet seyxl sollte, sondern 
nur in gemischten und gebrochenen Tönen. Der Gegensatz 
einer Farbe ist diejenige, wrelche von jener ganz verschieden 
ist, daher vom Auge gefordert wird. S0 hat das Rothe (185 
Grüne, das Gelbe das Violette, das Blaue das Orange zum Ge- 
gensatz. Immer zwei solcher Farben zusammengestellt, bilden 
eine 'l'otalität, und wirliexx an sich harmonisch, nvßll mcllf. 
wenn zarte Uebergäxmge und das Ilelldunlsel dabei angewendet 
werden.
	        
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