Volltext: Rubens, A. - Santi, Rafael (Bd. 14)

Santi 
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durch Darstellung der gefallenen Menschheit und des ihr gesand- 
ten Heilandes, den die Stimme des Vaters von oben als seinen 
Sohn erklärt. 
Dieses Gemälde gab zu verschiedenen Erörterungen Anlass, und 
auch die Critik erhob sich, welche aber nicht immer Gründe dazu 
hatte, wie z. 3-1 wenn es in Richardsoifs Traitc II. y. 44, und in 
FalconetÄs Oeuvres IV. p. 274 heisst, dass Rafael im Gemälde zwei 
ganz verschiedene, unter sich in keinem Zusarnmenhange stehende 
Gegenstände dargestellt habe. Ganz unbegründet ist auch die Be- 
hanptung, Rafael habe diesen Gegenstand knechtisch nach einem 
Frescogemälde der liirche S. Miniato in Monte bei Florenz copirt. 
Diese geringe Malerei ist nach Passavant im Gegentheile eine späte 
Nachahmung nach Rafaefs Bild, obgleich ersteres von G. Nncchi 
als Werk des 15. Jahrhunderts gestochen wurde. Auch die beiden 
Diaconen wurden hier als unstatthaft verlacht. Diese sind aller- 
dings nicht zu rechtfertigen, die Schuld fällt aber sicher auf den 
Besteller. Dieser dürfte in ihnen die heiligen Giuliano und L0- 
renzn, die Nanienspatronen des Vaters und Oheiiiis des Gio. de' 
Medici sich gedacht haben. 
Riicksichtlich der allgemeinen Behandlung der Malerei hat Ra- 
fael nach Passavant in diesem Bilde mehr als zuvor bei einem aii- 
deren auf grossartige Haltung durch Massen von Lieht und Schat- 
ten gesehen. Er setzte daher im unteren Theile, vielleicht auch 
um den lichtvollen oberen Tlieil desto mehr zu heben. viele Figu- 
ren in ein künstliches l-lelldunkel, und zeigte sich hierdurch in 
einer Iiunst, welche durch Correggio und einige der Venetianer, 
hauptsächlich Giorgione, auf einen so hohen Grad des Zaubers 
getrieben wurde. Leider ist aber dieser Reiz in dem Bilde der 
Transfiguration jetzt fast ganz geschwunden, da Rafael nach der 
Angabe des Giulio Romano sich in den Schatten stark des Lniii. 
penrusses bediente, der anfänglich einen kräftigen und durchsicli- 
tigen Ton gibt, nach wenigen Jahren aber sehr nachdunkelt und 
alle Farben, denen er beigemischt ist, oder als Unterlage dient, 
zerstört. Demungeachtet erkennt Passavant selbst in dem 
jetzigen Zustande des Gemäldes noch manche herrlich colorirte 
Theile. namentlich an dem auch in der Führung des Pinsels mei- 
sterhaft behandelten Apostel Andreas, oder in der weichen Gama- 
tiun der entbliissteii Schulter der im Vordergrund knieiideii Frau 
und ihres schönen Kopfes mit den reichen Haarflechten. liii oberen 
Theile des Bildes ist die Figur des Christus selbst eine wunderbar 
geistige Gestalt, und wenn sie, wie Passavant bemerkt. auch nicht 
völlig dem ahndnngsvollen Bilde entsprechen sollte, welches einer 
gläubigen Seele vorschweben dürfte, so ist zu bedenken, dass es 
Selbäl tlßm grössten liiinstlcr unmöglich bleibt, das Menschlich Un- 
hegreifliche zu versinnlichen. Doch muss man bekennen, dass Ra- 
fael hier dem Ideale näher gekommen, als irgend ein anderer 
Künstler. 
Mit diesem beriihinten Bilde der Verklärung Christi beschloss 
Rafael den Cylilus der Darstellungen aus dein Leben Jesu, und selbst 
Sein eigenes Leben war ein stetes Ringen nach Veigkliirung des Na- 
türlichen zum Idealen, und des Menschlichen zum Göttlichen. Er 
konnte aber das Bild der Transliguration nicht mehr ganz vollen- 
den. wie dies auch noch mit anderen Bildern der Fall war. Dicvvllen- 
dung dieser hinterlasseneu Werke lag seinen Schülern und Erben 
Giulio Romano und Francesco Penni cib, womit beide mehrere Jahre 
bßscliiiftiget waren. Die Transiigiiration dürfte Giulio allein vollen. 
det haben, denn wir wissen aus einem in den Lettere pitt. IV. Nr.5. 
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