Santi
(Sanzio) 1
Rafael.
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nicht immer mit Gewissheit über deren ursprünglichen Werth ge-
urtheilt werden liatlll. Aus obigen Gründen, die auf eigener An-
schauung beruhen, nimmt Passavant an, dass ein grosser Theil des
Bildes von einem Schüler. vielleicht von Giulio Romano, und erst
nach liafaesÄs Tod ausgeführt wurde, da der Meister hein Bild aus
seiner Werkstätte wurde haben ausgehen lassen, ohne dem Aus-
drucke des liopFes mehr Leben, dem rechten Fusse einen schöneren
Umriss gegeben zu haben.
Neben dem Studium in llothstein in der florentinischen Samm-
lung erwähnt F. v. llumohr (J. F. lll. 155) noch einen flüchtigeren
lYIodellaht, fast in derselben Stellung, und seiner Ansicht nach von
demselben, schon etwasmehratlsgebildeten Jüngling, welchen Akt er
in der vom Maler Fedi von Wicar erstandenen Sammlung von
Zeichnungen gesehen hatte. Ruruohr ist ferner der Meinung, dass
nach diesen Modellalsten die zahlreichen, meist guten, jedoch
nie ganz fehlerlosen Gemälde des Johannes in der Wüste hervor-
gebildet worden seyen. Diesem widerspricht aber Passavant, indem
alle jenen unangenehm verkürzten Fuss zeigen, welcher in der
Zeichnung viel einfacher gehalten und nur von oben zu sehen ist.
Auch der landschaftliche Hintergrund ist in allen Gemälden der-
selbe, und Passavant erklärt sie daher gegen von ßumohr alle für
Copicn nach dem Bilde in der Tribune zu Florenz.
In der Pariser Sammlung war ein Gemälde mit Johannes auf
dem Baumstammc sitzend. Dieses Bild , welches für Original galt,
liess Ludwig XVllI. durch den Herzog von Maille in einer Dorf-
kirche aufstellen, wo es aber nach einigen Jahren besehädiget
wurde. Desswegen erhielt es der Herzog zurück, bei dem es in
Vergessenheit gerieth. Nach dem Tode desselben wurde das Bild
um 59 Frs. losgeschlagen, aber der lii-iufer musste es der Begie-
rung zurückgeben.
Eine solche Copie auf Holz gemalt, von warmem Ton, ist in
der Academie zu Bologna. wahrscheinlich das Exemplar aus dem
Hause Albergati, dessen Malvasia erwähnt. Das Bild der Akade-
mie hing lange im Stadthause. Eine zweite Copie sah Passavant
im Pallaste des Quirinal zu Rom, ebenfalls auf l-lolz gemalt, und
in den Farben sehr nachgedunkelt. Clemens XII. erstand das Bild
um 2000 Scucli vom Collegium der lVlinoriten, die es als ein Ver-
mächtniss des "Cardinals Caratfa besassen. Die Copie des Pallastes
Borghese, auf Leinwand, wird dem Giulio Romano zugeschrieben,
jene des Pallastes Spada in Rom ist aber nach Passavant zu schwach,
dass sie aus RafaeVs Schule seyn könnte. Im Museum zu Berlin
ist eine brave Copie, die in Florenz als ein Jugendwerk des F.
Iiossi cle' Salviati bezeichnet wurde. Das Exemplar der Gallerie zu
Darmstadt, welches aus der Sammlung des Grafen Truchses kommt,
und in der letzteren Zeit zu stark gereiniget wurde, erklärt Passa-
vant als Werk eines Florentiners. Die Cnpie, welche ehedem in der
Gallerie Orleans war, brachte der Marschal d'Ancre. der Günstling der
Maria de' Medici, aus Italien nach Frankreich. Beim Verkaufe die.
Ser Gallerie in England erstand es Lord Berwick um 1500 L", und
jetzt besitzt wahrscheinlich der Lord Clifirtl in 'l'inton Abbey bei
Chepston dieses Bild. Auch in Sdlclelonso soll eine gute (Kopie seyn.
Die Copie, welche um 1306 der Admiral Mordwinoy in St. Peters-
burg besass, ist jetzt Elgenthum des Generals Lamnnossoy daselbst.
COPlEH in kleinerem Formate gibt es sehr viele. Darunter rühmt
Bottari in einer Note zum Vasari besonders jene, welche der ß:-
schof de" Ilicasnli nach dem Bilde bei Francesco Benintendi ma-
Chen liess.