Santi
Rafael.
(Sanzio) v
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Die Loggien des Vaticans.
Noch reicher alsjener Saal wurde der nach einer Seite offene Gangt
welcher im zweiten Stocke von der Stiege nach dem Saale des Con-
stantin und den Stanzen führt, ausgeschmückt. Er besteht aus 15
kleinen kuppelartigen Abtheilungen, in welchen je vier quadratß
Bilder angebracht sind , [13 aus dem alten, und die 4 letzten aus
dem neuen Testamente genommen, gewöhnlich BataePs Bibel ge-
nannt. Diese Bilder unigeben reiche Ornamente in Farbe und in
Stuck. Die Umgebungen der Fenster, die aus Zimmern in die
Loggien gehen, schmücken reiche Blumen- und Fruchtgewinde,
und unter ihnen befinden sich reliefartig gemalte Darstellungen aus
der Bibel, welche sich auf die oberen Malereien beziehen. Zu al-
len diesen Bildern und Ornamenten machte Rafael die Entwürfe.
Dieses berichtet uns nicht nur Vasari, sondern ist auch aus ver-
Silltißdßnell noch vorhandenen Zeichnungen zu den Bildern. und
der unvergleichlichen Schönheit und Eigenthümlichkeit der Verzie-
rungen Cfwßißlißb- Es ist öfters behauptet worden. dass Rafael die
letzteren antiken Vorbildern entlehnt habe, dieses kann aber nach
Passavant streng genommen keineswegs-zugegeben werden. denn
wenn er auch den allgemeinen Charakter und zuweilen einzelne
Theile, namentlich einige Stuckarbeiten antiken Bildwerken eiit-
nahm, so sind doch alle Ornamente voniden uns bekannten des
Altertliunis so sehr verschieden, dass nach Passavant nur in dem
durchgehenden antiken Schönheitssinn und dem heiteren Spiel der
Phantasie eine Uebereinstiiniiiung mit antiken Grotteslsen zu finden
ist. Wie ungegründct aber die Beschuldigung sei. welche Rafael
des Plagiats und der Zerstörung antiker Malereien bezüehtiget,
hat schon Plattner (Besehr. Roms II. 503) zur Genüge dargetlian,
und auch Passavant stimmt ihm vollkommen bei. Diese antiken
Malereien kamen damals durch Aufgrabungen in den Bädern des
Titus zum Vorschein, und die Künstler erstaunten über die Frische
und Schönheit der Stuekarbeiten, der kleinen Bilder und der ge-
malten Ornamente, die wir noch heute daselbst zu bewundern Ge-
legenheit haben. Besonders war Gio. da Udiiie ganz entzückt da-
von. Dieser zeichnete vieles, und liess nicht nach, bis dass es ihm
gelang durch eine Mischung von Travertinstaub und Marmorkalk
Stuekarbeitcn zu verfertigen, welche den antiken an Schönheit
nicht naclistelien. Diese neu erworbene Geschicklichkeit seines
_Schiilers benutzte nun Rafael bei der Ausscliniiickung der Loggien,
indem er ihn mit seinen Angaben und Entwürfen unterstützte. Zu
den historischen Bildern machte er kleine, leicht in Sepia ausge-
fuhrte Skizzen und überliess die weitere Ausführung ebenfalls sei-
nfm Schülern unter Leitung des Giuliu Romano, der wohl siimnit-
lwlle Cartuns ausfiilirte, und wie zum Vorbilde die erste Kuppel
auch ausmalte. lni Sockel unter den Fenstern sind Bilder in ine-
lßllllvfiuiier Farbe, die nach Vasari Peririo del Vaga ausgeführt hat.
Sie sind durch eingekritzte Namen sehr verdorben. und daher sind
die Barlirungen von P. S. Bartoli nur um sotscbiitzbarer. Ueber die
läwllstutirung der übrigen Bilder haben wir nur widersprechende
hnchrichten. Vasari nennt Franceseo Penni, Pelegrino da Modenß,
Bartoloineo da Bagnacavallo, Vincenzo da S. Gemignano, Poli-
gofufla Carravaggio und Perino del Vage. denen Titi den Gau-
bglflü Ferrari und Taja den Baffaello dal Celle hinzufügen; alle!"
d lefllt _sind wir nocb_ ohne historische Belege iiber den Antllell.
P1 ein ]eder dieser Kunstler an der Anssehiniiekung dieser Log-
gien gehabt hat. Auch Vasari ist in seinen Angaben unsicher und
"Ch "ldersprechend. So viel ist aber gewiss, das: bei der großen