Sanlti
Rafael.
35T
Tobias mit dem Fische herbciführt. Den Hintergrund bildet ein
grosser Vorhang.
Dieses Bild gab zu mannigfaltiger Erklärung Anlass, und so-
gar die; Cumposition wurde getadelt, besonders wegen des Ana-
chronismus, der darin herrscht. Die Sache wird indessen klar,
wenn wir auf die Entstehung des Bildes Rücksicht nehmen. Es
wurde nämlich für die Capelle der Augenkranken gemalt, und so-
mit gibt Tobias den leitenden Gedanken. Er fleht um den göttli-
chen Beistand zur Heilung der Augen seines Vaters. Rafael lieferte
in diesem Bild eines der bewunderungswürdigsten Werke derMa-
lerei. Nie hat der Künstler eine edlere Gestalt der Madonna er-
funden, als diese demutl-isvoll niederblickende Mutter des Erlösers.
Im Christkinde liegt der ganze Zauber göttlicher Huld; nichts ist
belebter und himmlisch schöner als der Engel Rafael, und IkiChIS
naiv kindlicher als der Iinabe mit dem Fische, der kaum zu na-
hen wagt. Im Iiopf des heil. I-lierunymus liegt unsägliche Wahr-
heit und Würde. Nach Vasari könnte man glauben, Rafael habe
dieses Bild zu Neapel gemalt, indem er sagt: nfece a Napoli una
tavola, la quale in postain S. Domenico etc.u, allein derselbe Schrift-
steller bemerkt dann in seiner eigenen Biographie, dass seit Giotto
bis auf ihn nichts bedeutendes in Neapel sei ausgeführt werden,
obgleich einiges von auswärts, wie die Altartafelu aus Pertxgino
und die von Rafael dahin seyen gesendet werden. Im -Jahre,:1Ö5Ö
erstand Philipp IV von Spanien dieses Bild und stellte es in der
St. Lorenzkirche des Escurial auf, wo es wegen des Fisches aylVla-
donna del peztt, oder auch. da die Tafel von fünf Brettern be-
stand, viel cuadro de las cinco tablasa genannt wurde. Im Jahre
1813 nahmen die Franzosen dieses Gemälde mit sich nach Faris,
wo es durch Bonnemaison von l-lolz auf Leinwand übertragen
wurde. Die Herstellung des Bildes war aber beim Friedensschluss
v. 1815 noch nicht beendet, und daher kam es erst 1822 wieder
nach dem Escurial zuriick.
In der {lorentinischen Sammlung befindet sich ein Entwurf in
Bothstein ohne das Kind, dessen Originalität Passavant bezweifelt,
Sicher unecht ist ihm eine Zeichnung in Bister im Nachlass Law-
rence.
Die vielen und bewunderungswiirdigen Werke, welche Rafael he-
reits ausgeführt hatte, verkündeten seinen Ruhm in ganz Italienfund
die Aufträge flossen ihm von allen Seiten her zu. Auch zahlreiche
Schüler kamen zu dem hochgefeierten Künstler, deren Individuali-
tät in kurzer Zeit in jener des Wleisters aufging, indem sie nur
mehr in dieser Art und Weise wirken konnten. Rafael hatte viele
liunstgenossen um sichjetzt auch in einem eigenen Hause, welchps er
gebaut hatte, worauf wir näherzurückkomrnen werden. Selbst ältere
Meister kamen nach Rom, um BafaeYs und BuonaruttVs Werke zu
Sehen. Dieser Sehnsucht konnte auch der mehrjährige Freund Ba-
faels, der ehrwürdige Fra Bartolomeo nicht mehr widerstehen, und
er reiste nach Rom ab. Der Frate gedachte längere Zeit in dieser
Stadt zu verweilen und fing selbst hier zu arbeiten an; allein das
Clima zwang ihn bald wieder zurRiickkehr. Er lies seinem Freunde
die Vollendung zweier von ihm unternommenen Bilder der ApQS-
telfiirsten zurück, welche für die Sylvesterlsirche aufMonte CaYallß
bestimmt. jetzt im Quirinal zu sehen sind. Passavant Sagt, mfm
erkenne besonders im Bilde des hl. Petrus die Hand Bafaelsi f"-
dßfn er mit geistreichen Zügen dem Charakter des liogfes eine
Starke und dem ganzen Werke eine Entschiedenheit verlieh, W16
Wir sie nie in den Arbeiten des Fra Bartolonieo finden. Als Rafael