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Santi
(Sanzio) v
Rafael.
des Schlosses zu Gotha ist ebenfalls eine Copie dieses Bildes. Es
finden sich auch noch andere Copien in Deutschland.
Ein anderer Gönner RafaePs war Agostino Chigi aus Siena,
ein reicher Kaufmann, der in Rom gewissermassen der Finanzmi-
nister Julius Il. war, und auch als Beförderer der Kunst und Wis-
senschaft in hohem Ansehen stand. Er liess sich durch B. Peruzzi
ein prächtiges Wohnhaus bauen, jetzt di Farnesina genannt, welche
Peruzzi, S. del Piombo, Rafael. A. Bazzi und G. Romano zu einem
wahren Hunstpallast erhoben. Das früheste Document, welches die
Bekanntschaft RafaePs mit diesem Mäcen beurkundet. ist cin Contrnht
ChigPs mit dem Metalarbeiter Cesarino aus Perngia d. d. 10- Ne-
vemb. 1510, zufolge dessen Cesarino für Chigi zwei runde Schüs-
seln in Bronze fertigen sollte, zu welchen Haine] die Zeichnungen
geliefert hat. Passavant vermuthet, dass wir noch eine derselben
in dem köstlichen Federentwurf der sich im Dresdner liupferstieh-
Cabinet befindet, besitzen. Die überaus phantasiereiche Zeichnung
eines runden Randes zeigt Neptun als Beherrscher des Meeres von
Tritonen, Nymphen und Amorinen umgeben.
Bedeutender waren indessen die Aufträge, welche Rafael von Ago-
stino Chigi fiir St. Maria della Pace und St. Maria del Populo
erhielt, die er aber erst unter Leu X. ausführen konnte. In der
ersteren Kirche malte Rafael in der ersten Capelle rechts über
dem Bogen vier der Propheten, und eben so viele Sibyllen in
Fresco. In der oberen Ahtheilung, die in der iVlittte ein Fenster
hat, sehen wir auf jeder Seite zwei Propheten, von denen der eine
steht, der andere sitzt. Hinter ihnen sieht man einen halberwach-
senen Engel und oben ist noch ein schwebender Engellmabe. Un-
ter den Propheten sieht man in Begleitung von sieben Engeln die
herrlichen Gestalten der Sibyllen, Pcrgamentrollen xnit griechischen
Inschriften haltend. Die Fresken dieser Capelle sind in der Be-
handlung; ungleich, und die Propheten weit geringer, als die Si-
byllen. Die Erfindung und selbst die Cartons gehören ohne Zwei-
fel dem Ilafael an, die Malerei von den Propheten ist aber nach
Passavant so schwach, die Wirkung so zerstreut, die Farben
sind so gequält und unsicher aufgetragen, dass man auf fremde
Hand schliessen muss. Diese leistete wahrscheinlich T. Viti, in-
dem Vasari im Leben dieses Meisters sagt, er habe dem Rafael in
St. Maria della Pace geholfen. Dieses muss man also von den Prophe-
ten vermuthen, denn die Sibyllen nennt Vasari unter den Schönen
Werken des Meisters das Schönste, schreibt aber diese Grussartig-
lseit vornehmlich Wieder der Betrachtung der Werke Michel An-
gela's in der Sixtina zu, was aber nur dahidzu versteinert ist, dass
zwar die grossartigere Darstellungsweise, ßufdie Entwicklung von
BafacPs Talent einwirkte, aber ohne dass er desswegcn seinelndivi-
dualität aufgegeben hätte. Seine Bilder zeigenauch nicht im Geringsten
eine Nachahmung des Michel Angele. Diese Gestalten sind auf
das meisterhafteste ausgeführt, und es kann nach Passavant keinem
Zweifel unterworfen bleiben, dass nur RafaePs eigene Hand sie
hervorgebracht. In gewisser Beziehung stehen sie den drei Cardi-
naltugenden in der Stanze della Segnatura nahe, allein sie sind
noch freier und doch mit gleicher Sorgfalt behandelt; in der Wir-
kung von grösserer Kraft und Haltung, in der Färbung tiefer und
glühender. Die Zeit der Entstehung dieser grossartigcn Malereien
ist nicht ganz genau zu bestimmen, Passavant glaubt aber, dass
diese Fresken nicht vor 1514 ausgeführt worden seyen. In diesem
Jahre dürfte aber nach;_seinei' Ansicht T. Viti die Propheten _und