Santi
(Sanzio) ß
Rafael.
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(I. S. 185. II. S. 142.) bezüchtiget ihn aber eines groben Verstos-
ses, wenn der genannte Schriftsteller sagt, dass VVicar durch Mis-
sirini zu allererst die Angabe aufgebracht habe, fragliches Portrait
sei das des Bindo Altoviti, da es bis Bottari von allen für jenes
des Bindo gehalten worden sei. Passavant sagt , dass es nur eines
Blickes auf das Bildniss selbst bedürfe. um sich bei Iienntniss der
echten Portraite, die Rafael von sich gemalt, sogleich zu überzeu-
gen, dass es des Künstlers eigenes Bildniss nicht seyn könne;
denn nicht nur sei des Bindo Gesicbtsbildung von der des Rafael
sehr verschieden, sowohl in der Form der Nase als der des Mun-
des und des starken Kinns, sondern das Portrait in München
zeige auch blaue Augen und blonde Haare, welche beide bei Ba-
fael dunkelbraun wären. Eben so wenig stimme der etwas üppige
Ausdruck niit dem sinnigen und anmuthswrollen in den echten Bild-
nissen BafaePs überein. Auch die Entstehung des Portraites ilimtllt
Passavzint als Beweis für sich, indem er behauptet, das llildniss
aus dem 1181156 AllQViIi sei nicht über das Jahr 1512 hinaufzuse-
tzen, wo Rafael bereits 29. Jahre alt war, und das Bild des hü-
nigs von Bayern stelle einen Jüngling von 22. Jahren dar, was
gerade auf Bindo passe, der den 26. September 1490 geboren
wurde. Dass Rafael den Bindo Alluviti gemalt habe, unterliegt
wohl hcinem Zweifel, aber es ist dennoch nicht mit vollster Sirher-
heil: zu behaupten, dass das erwähnte Bild in München ihn vor-
stelle; gesetzt auch es komme aus dem Hause Altovili. Die Fa-
milie hesass es nach Passavant nur 250 Jahre, also von 1558--
1808. Wu befand sich denn das Bild von 1512 1558? Warum
hatten denn die Erben des Bindo ein schon damals berühmtes
Bild von Rafael, und noch dazu das Portrait eines Mitgliedes der
Familie, die ersten d? Jahre nicht im IIause? Nach dem, was
Passavant übrigens über das Originalbildniss BafaeVs beibringl,
wird man in lYlünchen allerdings den Glauben, RafaePs Portrait
zu besitzen, aufgeben müssen; allein dass man dort am ersten von
der Meinung BottarPs abgestanden, wie Passavant I. 186 vorgibt, ist
wohl kaum anzunehmen, da noch im neuesten Cataloge der Pina-
kothek dieser angebliche Bindo Altoviti als Rafael figurirt.
Irn Pallaste Sarazani zu Siena und in der Sammlung des Cav.
Carinine Lancett zu Neapel sind alte Gopien von diesem Bildnisse.
Wie über das genannte Portrait, so ist auch über das oben-
erwähnte Frauenbilrlniss der florentinischen Gallerie gestritten wurv
den, und einige haben sogar die irrige Meinung gefasst, dass die-
ses Bildniss, so wie jenes des angeblichen Binde, von Giorgionc ge-
malt sei, da beide in der Behandlungsweise so aulTallend an jenen
erinnern. Es ist diess das Brustbild einer schönen Dame, etwas
links gewendet, im dunkelblauen Mieder von Saxnmt, über wel-
ches sie ein mit Pelz besetztes Oberlaleid trägt, das sie mit der
rechten Hand zierlich fasst. Auf ihrem Hßllplß trägt Slß Einen
goldenen mit grün exnaillirten Blättern besetzten Iiranz. Im dun-
kelgrauen Grunde steht die Jahrzahl 1512 mit goldenen Zahlen;
auch andere Verzierungen am Mieder, am Kranz, und selbst
Lichter in den Haaren sind mit Gold gehüllt-
Dieses Bildniss gilt seit Bottari als jenes der Geliebten RafaePs, de?
Fornarixla, und als solches ist es von Morghen u. a. auch gestochen,
Allein dieser Angabe widerspricht Passavant, kann aber ebenfalls
nur mutlnnasslich darin das Portrait der von Vasari ßfwlilllllü"
Beatrice von Ferrara angeben, einer jener geistreichen IIDDYOVISR-
tonnen, von denen keine nähere Kunde übrig geblieben läl- zu