Santi
(Sanzio) r
Rafael.
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Londner Bilde eine schöne Copie eines ungemein geschickten Nie-
derländers, noch aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Waa-
gen gibt mehrere Gründe für seine Meinung an, die sich beson-
ders aus dem Machwerk ergeben. ln dem schlecht impastirten und
unsicher mit gelber Farbe gemalten Saum des Iileides der Maria
liest man: IÄAPHANLOÜYÄ und unter den Buchstaben, womit der
Saum noch sonst verziert ist, deutet das den Italienern fremde Ii
auf ultramotitanischen Ursprung. Die mit Pyramiden, Obelisken
und 'I'etnpelchen prangende Landschaft, wie diess mit dem zwei-
tem Bilde der Fall ist, deutet ebenfalls auf niederländische Eigen
thüinliclikeit in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Diese Cu-
pie stammt aus der Sammlung des Cnrdinal Mazariu. Hacquin
übertrug 1'507 das Bild von Holz auf Leinwand.
Auch in der Gallerie des Cardinal Fesch zu Rom war eine
schöne Copie dieses Bildes. Eine dritte, ebenfalls schöne Copie, be-
sitzt der Herzog von Marlborouglt in Blenheim, und eine schöne alte
Copie des Pallastes Gaetano Cambiaso zu Genua wird in Ratti's
Istruzioni p. 270 für Original erklärt. ln der Gallerie zu Dres-
den ist eine Copie von C. van Mander. in der Ambrosiana zu Mai-
land und in der Gallerie Lichtcnstein zu Wien sind zwei andere
Nachbildungen.
Der Originalcarton, in schwarzer Kreide gezeichnet und mit
VVciss gichöht, ist im Besitze des Hrn. ("locke zu Holkham. Er hat
gelitten und ist mit Ocl getränkt. 1m Nachlass des Malers Law-
rence ist ein abweichender Entwurf.
Ein anderes Bild, welches Rafael um diese Zeit gemalt haben
soll, stellt die Madonna vor, wie sie von dem schlafenden liinde
den Schleier aufhebt, um es dem kleinen Johannes zu zeigen, der
kniend und lebhaft bewegt auf rlasselbe hindcutet. Den Hinter-
grund bildet Landschaft, in der man links eine Stadt, rechts ein
liloster und ein Figiirchen sieht. Dies ist der Inhalt einer Reihe
von Bildern mit zwei Drittel lebensgrossett Figuren, die alle Cu-
picn nach einem Originale von Rafael sind, dessen Besitzer aber
bisher unbekannt ist. Sie müssen nach einem Gemälde gefertiget
seyn, nicht nach dem Originalcarttsn in der Akademie zu Florenz,
da auf diesem nur die Figuren erscheinen, keine Landschaft, wel.
che aber auf den Gemälden immer auf dieselbe Weise sich wie-
der findet. Der Charakter der Köpfe und der Gewandung deutet
in allen Cupien auf BafaePs letzte Florcntiner Epoche. Später
wiederholte er in Rum diese Cutttpusitiott in einem kleineren, schmih
lern Formate, mit der Abänderung, dass hier der kleine Johannes
vcrchrend die Händchen zusammenlegt. Auch die Landschaft ist
verschieden. Diese Composition ist unter dem Namen der Madonna
mit dem Diadem (an cliademe), mit dem Schleier (au linge) und
Le sommeil de Jesus bekannt.
Von dem ersteren dieser Bilder kennt Passavant mehrere Co-
pien. Die Copien in der Sammlung des Fürsten Esterhazy in
Wien, und desJ-ussischen Botschafters Grafßailli von Tatitscheif er-
klärt er als gute Schulbilder. Das Bild des Grafen Hailli hat et-
was gelitten, und ist mit einem allgemeinen brauen Ton überstri-
chen. Ein schiities Exemplar besitzt auch Hr. Brocca in Mailand,
welches C. v. liumolir (drei Reisen 27-11. S14) von einem lombartli-
schen lYIcister ansgefultrt hält. Auch Passavant erkennt darin ci-
ncn Nachahmer Corrcggirfs. Ehedem war dieses Bild rund, jetzt
bildet es ein Quadrat. Brucca erstand es 1822 in Barcelunß- Die
COPiE der ehemaligen Gallerie Lucian Bonapartds ist ebenfalls
rund. drei Schuh im Durchmesser haltend. Ein schönes Exem-
plar besitzt Lord Grosvctior in London, wo die Figuren i" Eilwm