Santi
Rafael.
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zu Perugia zu schmücken. Maria sitzt auf einem erhöhten Thron.
beschäftiget in dem auf ihrem linken Iinie aufgeschlagcneu
Buche zu lCSCIt. in welches auch das Kind hineinblickt. Links
steht Johannes der Täufer im Mannesalter, auf den Heiland zei-
gend, und gegenüber ist die ehrwürdige Gestalt des heil. Nicolaus
von Barri, der begeistert in seinem Buche liest. Durch den offe-
nen Bogen hinter dem Thron sieht man in eine Landschaft mit
einer Stadt. Sämnitliche Figuren haben etwa zwei Dritttheile der
Lcbensgrösse. Am Gesimse iinter dem Thronhinxniel steht: SALVE.
MATRH. CHRIST]. Die Altarslallel enthielt drei kleine Bilder
aus dein Leben des Täufer-s, wovon aber zwei zu Grunde gingen.
Nur die Predigt des Johannes wurde mit dem Hauptbilde nach
England gebracht. Letzteres erstand 1764 Lord Robert Spencer,
kaufte es um einen bedeutenden Preis, und gegen eine Copie von
Nicolo lVlonti, die sich noch in der Iiircbe befindet. Der Lord
schenkte es uachmals seinem Bruder, dem Herzog von Marlbo-
rotigh, der es in seiner Gallerie zu Blenheim aufbewahrt. Diese!
Bild ist noch in vortrefflichem Zustande, da man nur am Fusse des
Johannes den Versuch machte es zu reinigen. Passavant gibt es
auf XI. in Abbildung.
Das zart behandelte Bildchen der Predelln besitzt der Marquis
von Landsdowne auf seinem Landsitze ßowood bei Devizes.
Ganz in derselben Art, wie obiges Altarhlatt, ist nach Passa-
vant ein kleines Bild behandelt, welches die halbe Figur des auf-
erstandencn Christus vorstellt. Er trügt noch die Dornenkrone,
die Rechte erhebt er segnend und mit der Linken zeigt er nach der
Wunde in der Seite. Den Hintergrund bildet etwas Landschaft
und Himmel. Dieses sorgfältig ausgeführte und vollkununen er-
haltene Bildchen kam aus der Sammlung der I-"anzilie Musca zu
Pesaro an den Grafen Paoli Tosi zu Brescia.
Ein beriihmteres Werk RafaePs in Perugia ist das Frescogemiilde in
einer ehemaligen Seitenkapelle der Camaldulenser liiirche S. Severn.
Dies war der erste Auftrag dieser Art, und somit glaubt man, je-
ner auf einen Ziegelstein gemalte jugendliche Iiopf mit in Masse
auf die Schultern herabfcnllenrlen Haaren, welcher jetzt in der Pi-
nakothek zu München aufbewahrt wird, dürfte als vorläufiger Ver.
such betrachtet werden. Diese interessante lleliquie, von welcher
Passavant auch zwei alte Cnpien in Oel sah, kaufte König Lud-
wig aus dem Hause des Grafen Giulio Cesarei zu Perugia um
1000 Scudi romani. Friiher verkaufte sie ein Trödler für 5 Paoli.
In S. Severo malte Rafael die heil. Dreieinigkeit von heil. Ca-
maldulensern umgeben. Gott Vater ein Buch haltend, worauf das
A {m5 Q- gezeichnet ist, schwebt mit dem heil. Geiste über dem
Hellande, ganz ähnlich in der Anordnung, wie im Bilde der Theo-
lol-ile (Disputa) im Vatikan. Zwei halb erwachsene bekleidete En-
gfil Stehen anbetend zunächst dem Heilende, welcher zum Segen
dlß Arme erhebt. Rechts und links auf Wolken sitzen die Camal-
dulenscr. ausgezeichnet schöne und würdige Charaktere. Nur die
EW-lel Sind etwas geziert, wie dies bei Rafael in seiner florentini-
sehen Entwicklungsepoche bis 1508 in einzelnen Figuren vorkommt.
der Anordnung erinnert dieses Bild an den oberen Theil der
lffngstßu Gerichte von Fra Angelico (in Florenz) und Bartolomeo
dl San Maruo (Hof des Spitals von S. Maria nuova), aber diese
Yorbilder sind auf eine eigenthiimliche, lebendige Weise von Ra-
fael hier angewendet, und in der Disputa noch reicher und in
anderen Beziehungen durchgeführt. In der Haltung des Ganzen
erscheint Rafael hiergrossartiger, und hreiterin der Behandlung als le