Santi
Rafael.
297
Composition des Pinturicchio. Dieser Annahme widerspricht B. v.
Buniohr, und auch Passavaxit stimmt ihm bei, wenn er die jugend-
liche Gestaltneben dem Pinturicchio in der Heiligsprechung der Ca-
tharina von Siena als RafaeYs Bilclniss bezeichnet. Passavant be-
züclniget aber diesen Schriftsteller eines Irrthunls, wenn er zur
UHlerSliiU-ung seiner weiteren Behauptung, dass das Portrait aus
dem Hause Altuviti (in München) das des Rafael sei, sagt,
derselbe habe blonde Haare und blaue Augen, da beide in allen
ächten Portraiten unsers Meisters braun seyen. Diese Gruppe kann
indessen kaum von Rafael selbst herrühren, denn er schaut in ei-
nem gewissen Gefühl von Selhstbewusstseyn ruhig aus dem Bilde,
Während Pinturicchio etwas zur Seite hinter ihm stehend, ihn so-
zusagen bewundcrnd betrachtet. Diese Gruppe dürfte daher Iren
Pinturicchio hinzugesetzt seyn, der hier seinem jungen Mlläßhlllßl"
ein oftentliches Denkmal seiner Anerkennung setzt.
llafaePs zweiter Aufenthalt in Citta di Castello.
Zu Anfang des Jahres 1504 treden wir Rafael, jetzt wohl förm:
lich aus der VVerkstätte des Perugino getreten, Wieder in Cillä d!
Castello, und hier nun malte eri das unter dem Namen dßS SP 0'
salizio bekannte Bild der Trauung Mariä in der Brera zu Mai-
land, welches durch LonghPs Stich und durch die Lithographie
allgemein belsannt ist, Rafael nahm hier im WVesentlichen das
1.195 von Perugino fiir den Dom in Pcrugia gefertigte, jetzt zu
Caen in der Normandie befindliche Sposalizira zum Voibilde. er-
laubte sich aber auch manche Aenderizngen. S0 ordnete "er die Män-
ner- und Weibergruppen auf die entgegengesetzten Seiten und
gab dem Tempel eine schönere Form, an wllchem Vasari mit Recht
die wohlverstandene Linearperspelctive riihmt. Im Allgemeinen
trägt das Bild noch ganz den Charakter des Perugino. S0 (11155
also Rafael 1504, womit das Gemälde bezeichnet ist, noch von je-
dem anderweitige!) Einfluss fern war.
Indessen sind Ausdruck und Bewegung bereits feiner und le-
bendiger, als bei Peruginu, die Töne der Cnrnation haben zartere
Uebergiinge, und. überhaupt leuchtet BafaePs Eigenthiimlichlseit
schon überall durch. In den Gewändern findet Passavant ll. 24).
einige von des'Perugino Art abweichende Färbungen, und zum
Theil Färbestolife angewendet, welche, wie das Grüne am Gewand
der vorderen weiblichen Figuren lillliS, sehr nachgedunltelt haben.
Die Ausliihrurlg ist nicht wie bei den hleinern Bildern BafaeYs
auf den äussersten Grad der Vollendung getrieben, sondern mehr
auf die allgemeine Wirkung berechnet, wie es einem griisseren
Vverlte angemessen ist. Die Linien des in Perspektive gezogenen
Tempels sind dunkel eingerissen und durch den dünnen Farbenauf-
"a5 noch sichtbar. Dieses Bild blieb fast dreiJahrhundertedielZierde
der Kirche S. Francesco, bis der General Graf Giuseppe Lechi aus
Brescia, Befehlshaber einer französischen Truppenabtheilung, es sich
mit dem Degen in der Hand , am 29. Jänner 1798 vom Magistrate
der Stadt als ein Geschenli darbringexi liess. Von ihm kam es an
den Grafen Salazar, der es dem Ospidale maggiore in Mailand
vermachte, und von diesem erstand es mit noch einigen unbedeu-
tenden Bildern die Pinakothek der Brera um 53,000 Frs.
Vün Studien zu diesem Gemälde ist bis jetzt nur der Kopf 111?
heil. Jungfrau in schwarzer lireicle bekannt, welcher sich in der
Sfmmlung Wicarß zu Lille befindet. Dagegen finden sich alte C_0-
Plen nach dem Gemälde. Eine solche, von Andrea Urbani,_ 15!
"Mill Pungileoni seit 1606 im Oratorio S. Giuseppe zu Urblnu-