Snnli
Rafael.
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und bis auf einen leichten Sprung vollkommen erhalten. Es ist
nicht möglich etwas liebreizentieres und mit griisserer Zartheit aus-
gefiihrteres zu selten, als dieses Madonnenbildchen. Auch bezeu-
gen die vielen alten und neuen Copien, welchen Zauber es zu
allen Zeiten ansgeiibt hat. Eine solche Copie ist im Hause Bag-
liutii und beim Gonfaloniere della Penna zu Perugia. Eine dritte
erstand der Minister VVilh. v. Humboldt, eine vierte ist im Hause
Oggioni zu Mailand und eine fünfte im Museum zu Paris unter
dein Namen der Vierqe au livre bekannt. Eine freie Nachahmung
I" grussem Formate bewahrt das Spital v. S. Maria della Miseri-
cordia zu Perugia Passnvzint erkennt darin die Hand eines sehr
geschickten, unbekannten Schülers des Perugino.
Ehen so anziehend und liebevoll behandelt ist nach Passavant ein
anderes kleines Bild eines unter einem Lnrheerbäumchen schlafenden
jungen liitters, dem im Tfkllltllß die allegorischen Gestalten der Nliihen
und Freuden des Lebens erscheinen. Die eine zur Rechten reicht
ihm ernst Schwert und Buch, die andere zur Linken bietet ibHl
Blumen dar. Dieses allerliebste Bildchen war ehedem in der Gal-
lefie Bvrgbßäe. 1801 kaufte es W. Young Ottley, und aus Lawren-
ce's Nachlass erhielt es Lady Sylies 'in London. Passavant liess es
auf Tafel VIII. in Iiupfer stechen.
In der k. englischen Gemäldesammlung zu Hensington ist noch
ein Bildniss eines iiberaus unbefangenen, treuherzig aus dem Bilde
sehenden jungen Menschen, dessen Entstehung Passavailt in die-
selbe Zeit setzt. Den Grund bildet eine in Peruginischer Art ge-
haltene Landschaft mit Gebäuden in einem Walde, aus welchem
ein Hirsch hervortritt. An den Schnallen des Kleides steht der
Name des Malers. Passavant glaubt, dass diess das angebliche
Bildniss Bafaels sei, welches ini Cataloge der Gemälde Jakob's II.
von England genannt wird.
Hier, scheint nach Passavanfs Ansicht auch der Ort zu Seyn,
dreier runden Bildchen aufschwarzem Grunde zu erwähnen, welche
ein Geschenk des Baron v. Kumohr nun im Besitze des Königs
von Preussen sind. Das mittlere Bild stellt eine Pietät, oder einen
unter dem Kreuze auf dem Grabe sitzenden Christus dar. Auf den
beiden anderen sieht man die halben Figuren der Bischöfe St. Lu-
dovicus und St. l-lerculanus. Sie sind noch ganz in der Weise
Peruginds ausgeführt, obgleich sich die etwas breitere Behand-
lung Bafaefs deutlich zu erkennen gibt. Wahrscheinlich dienten
sie zur Verzierung einer Altarstaßfel zu einer Tafel, die Peruginu
oder Pinturicchio ausgeführt haben möchte; denn auch für letzte-
ren erwies sich Rafael öfters gefällig. Passavant ersah aus den liir-
ehenbücheru der Franziskaner zu Siena, dass Rafael zu einem Al-
tarblatte Pinturicchitfs eine Predella mit mehreren kleinen Darstel-
hingen gefertiget habe. Die Altartafel stellte die Geburt Christi
dar. und war in d-er Capelle Piccoloniitii, wo sie 1655 durch Brand
zu Grunde ging. B. v. llumohr (ltal. Forschdll. 5.41.) stellt aber die
Vcrmuthung auf. dass diese Bildchen Ueberreste eines Gradino zur
lirönung Mariä seyen, und berichtet, dass der Maler Wicar noch
ein viertes dazu gehöriges Bund mit einer heil. Catharina besessen
habe. Die Richtigkeit dieser Angabe lässt Passavant dahin gestellt
Seil". irrig ist aber jedenfalls die in den drei Reisen nach Italien
,S_ 263 von v. Ruinohr ausgesprochene Behauptung, als seyeu sie
lheile einer Altarstaffel fiir das Altarblz-ilt der Nonnen des hl. An-
m" Vßli Padua; denn diese Tafel kam in allen ihren Tbßllen aus
der Gallcrie Orleans nach England.
Verscliißlexi von dem obigen Bilde in eine andere Pietit im