Rubens ,
PCIEP
Paul.
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Hülle beraubt werden. Unter dem Bogen der Brücke ist Durchsicht
auf den Fluss, in welchem sich Amazonen auf verschiedene Weise
zu retten suchen. Die ergreifende Wirkung wird noch durch eine
entschiedene und meisterhaft durchgeführte Beleuchtung erhöht.
Dabei ist die Färbung ungeachtet einer grossen Kraft gemässigt,
die Ausführung der Haupttheile für Rubens fleissig. Gewiss kann
in der ganzen neuern Kunstgeschichte neben der Constantinischen
Schlacht nur diese Amazonenschlacht genannt werden, und sie hat
vor jener das Zusammendrängen des Interesses auf einem Plan und
den trelHich benutzten Gegensatz der männlichen und weiblichen
Natur voraus. Unter den Bildern dieses lireises in Spanien nimmt
die Apotheose des Herlsules im neuen Pallaste zu Madrid eine der
ersten Stellen ein. llerkules steht in einem antiken VVagen, auf
seine Keule gestützt. unbeschreiblich kühn und fest da. Hinter ihm
schlagen die Flammen seines Scheiterhaufens auf, über ihm ßchwg-
ben zwei Genien. von denen der eine einen Lorbeerkranz über
llerlsules Haupt hält, der andere die muthigen Russe durch den
Aether lenlst. Eben daselbst zeichnet sich ein Bild "aus, welches
den Promethetzs vorstellt, der das heimlich entwendete Feuer vom
Olymp trägt. Er schreitet kühn durch die Lüfte, scheu zurückbli-
chend. Im Pallaste des Herzogs von Infantado befand sich: Achill
als Jüngling auf dem Centaur Chiron reitend, Achill ins Styxwas-
ser getaucht, und derselbe bei den Töchtern des Lycomedes von
Odysseus entdeckt. Waagen meint, diese Bilder gehören zu einer
Folge von acht aus dem Leben von Achill, nach welchem Tapeten
gewirkt worden sind.
Nehmen wir zu diesen Bildern noch den Streit der Lapithen
und Centauren, den Raub der Proserpina, die Befreiung der An-
dromeda durch Perseus, den Raub der Proserpina, den Wettlauf
der Atalantamnd des Hippomenes, Orpheus, dem Euridice aus der
Unterwelt folgt, sänuntlich in Spanien, das Quos ego in
Dresden. den Sturz des Phaeton, Boreas, der die Orythia entführt,
Nessus und Dejanira, Apollo und Daphne, so werden wir einen
ungefähren Begriff haben von den Aufgaben, die sich Rubens in
diesem Iiteise gestellt hat.
Wie tief dem Kunstnaturell von Rubens die Lust an Darstel-
lung der derbsten Sinnlichkeit eingepflanzt war, geht aus den vie-
len vun ihm behandelten Gegenständen hervor, worin die Venus
Pandeinus und Hacchus der Trunkenbold die Hauptrolle spielen,
und die Darstellung von solcher Energie ist, sich oft in einer so
niedern Sphäre hält, dass viele Naturen dadurch entschieden abge-
stossen werden. S0 hat er Lolh mit seinen Töchtern drei Mal,
Susanne mit den Alten vier Mal behandelt. Unter den Vorstellun-
gen des letzten Gegenstandes zeichnet sich das Bild in der Pina-
kothek zu München durch die vortreffliche Compusition, den sehr
wahren Ausdruck gemeiner Begier in den Alten und die trefflich-
ste Malerei besonders aus. Die Susanne ist dagegen von wider-
wiirtig gemeinem Charakter und Ausdruck", von unangenehm aus
einander gelaufenen Formen. Die ganze Fulle der Sinnlichkeit of-
fenbart sich indess erst in den Vorstellungen aus dem Bacchischßn
Kreise, von denen dreizehn allein durch den Stich bekannt sind.
Auf mehreren derselben spielt der diclssvanstige, dunkelbraune Si.
len, der in arger TU-nnlienheit von zwei Frauen von der gemein-
sten Thierheit in Charulilei" und Ausdruck, furtgeschleppt wird, die
Hauplrulle. lm Vorgruncle wälzt sich wohl besinnungslvs in Viehi-
scher Trunkenheit eine" diclse lÄJaunin, mit deren Milch zwei an
ihren Brüsten hängende lileine Faunc-sich berauschen. Bisweilen