Rubens ,
Peter
Paul.
Waagen gegen den grossen Engelsturz oder das kleine jüngste G5-
richt arm und lahm in den Motiven. Das Unlehentligere der rnei-
sten liiipfe, dass im Verhiiltniss zu anderen Bildern von Rubens,
Schwere und Triibe im Colorite, das Uebertriehene vieler Reflexe,
der Mangel an Sicherheit und Leichtigkeit der Behandlung in den
meisten Theilen lassen vermuthen, dass dieses Bild zu denen ge-
hört, an welchen der griisste Theil von Sehiilern herriihrt, und
welches von Buhens selbst nur hie und da übergangen seyn
möchte. Herzog NVilhelm von Pfalz-Neuburg liess dieses ausgezeich-
netc Werls fiir die Jesuilenhiruhe in Neuburg malen. unter der Regie-
rung des Churfiirsten Johann Vtfilhelm von der Pfalz wurde es nach
Düsseldorf gebracht, von da aus nach Schleissheim und neuerlich
nach München, wo es im Hubenssaale der lmPinakothek bewundert,
und in gewisser Hinsicht als der Mittelpunkt des ganzen Iiunst.
tempcls betraclftet wird.
An diese von Waagen aufgezählten Bildern schliesst sich
auch das Gemälde des Engelsturzcs aus der Sammlung von M.
de Schamp d'Aveschoot Vzu Gent. Dieses grosse (55 Z. hoch; und
prächtige Bild war mehr als ein Jahrhundert 1m Besitze dieser Fa-
milie, 18150 wurde aber die Sammlung veriiussert. Im oberen
Theile erscheint der Engel im himmlischen Lichte. und schleudert
mit dem Blitze die rebellischen Engel in den Abgrund. Linlls
sind die [iiirper nicht so gedrängt wie im Mittelpunkte. Sie er-
scheinen hier in bliiulicher Atmosphäre, während rechts ein schau-
erliehes Dunkel vage Gestalten zeigt, die in das Flammenmeer
hinabstiirzen, wovon der unlere-Theil des Bildes beleuchtet wird.
Der Verfasser des Cutaloges der Sammlung Schamphs sagt, diese
grossartige Composition scheine ein Traum Dante's oder Milton's
zu seyn . gemalt von Rubens gliihendem Pinsel; diese Masse stiir-
zender Körper sei ein hohes und gewaltiges Gedicht, die schreck-
liche "Verwirrung, welche der Vnllzieher des Zornes Gottes im
Augenblicke hcrruft, ergreife den Beschaucr mit solcher Gewalt,
dass er sich fassen tuiisse, um die energischer) Episoden zu über-
schauen.
An diese Gruppe von Darstellungen reicht sich endlich das in
der Münchner Gullerie befindliche, von Rubens für den Dom in
Freising gemalte sehr grosse Bild, dessen Inhalt ausudem zwölften
Capitel der Apokalypse genommen ist. Nlit Adlersflugeln schwebt
das von hellem Glanz umleuchtete Weib, das neugeborne Hind-
lein auf dem Arm, daher; unter ihren _Füss_cn brummt sich die
Schlange, welche den Mond, worauf sie tritt, umwindct. Von
oben senkt Gott Vater schützend das Scepter herab. Mehr unter-
wärts sieht man den gepanzerten Erzengel im gewaltigen liampfe
mit dem siebenhilpligen Drachen, cler das Rind verschlingen möchte.
Vom ßlitzstrahl getrulfen stürzt er, und mit ihm andere höllische
Ungethüme in den flammenden Abgrund. Durch die verschiede-
nen Gegensätze, das grossnrtig Phantastische der Erfindung. das er
staunliche Feuer der einzelnen Motive, nimmt dieses Bild unter-
den Werken" von Rubens eine hohe Stelle ein und ist naulentlich
von der gewaltigstexa Wirkung.
Aber auch andere Gegenstände aus der heiligen Schrift von
mehr oder minder bewegter Handlung hat er mit ungemeinem Ef-
fulg dargestellt. Dahin gehören nach Waagen folgende: Das Ur.
theil Salomofs und SannaclxeriUs Heer vom Engel des llerru gesclnla.
gen , in der Piruakotheli zu München. Mit erstaunlicher Energie
ist hier das Entsetzen, das verwirrte Getümmel dargestellt, welche;