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Rubens,
Peter
Paul.
Die Vorliebe für allegorische Darstellungen hatte Rubens von
den niederländischen Malern des 10. Jahrhunderts, namentlich vuu
seinem Lehrer O. Veenius, überkummen. Wenn er sich gleich
von einer verkehrten und geschmachlosen Behandlung derselben
in den meisten Fällen nicht frei machen konnte, so zeichnen sich
doch viele Bilder dieser Art von ihm durch lebendige Motive,
durch individuelle Ziige vor den frostigen und kalten Darstellun-
gen anderer liünstler sehr vortheilhaft aus. Ausser den drei grug-
sen allegorisch behandelten Werken, dem Leben der Maria de
ÄMeclici, der Verherrlichung Jakobs I. von England und den Tri-
umphbiigen für den Einzug des Cardinal lnlanlen Ferdinand, hat;
Rubens noch eine beträchtliche Anzahl von allegorischen Gegen.
stünden geistlicher und weltlicher Art behandelt. Unter Crstcrren
sind sechs Bilder, die sich auf die Verherrlichung und den Sieg
der katholischen Kirche beziehen, durch die Grussartigheit der
Composition am bedeutendsten.
Höchst merkwürdig ist, wie Rubens die kirchlichen Aufgaben,
welche zu seiner Zeit am meisten an der Täigsorxlnung waren,
nämlich der Legenden späterer Heiligen , namentlich solcher, die
sich auf die Verherrlichung des Jesuitennrdens beziehen, so hgiu-
fig die Seite abzugewinnen wusste, welche seinem Immer auf das
Dramatische gerichteten Naturell zusagte, und ihm Gelegenheit zu
den ansgezeichnetsten Leistungen verschaffte. Zuerst und vor a1.
len ist hier das ursprüngliche für die Jesuitenltirche in Antwerpen
'gemalte, gegenwärtig im li. k. Belvedere 1.1.1 Wien befindliche Bild
der heil. Ignaz von Loyola, welcher den Teufel anstreibt, zu
nen.. Die Kühnheit der ganzen Cmnposition, die ergreifende
Art, wie die lilandlung dargestellt ist, die bcwunderungswür-
dige Haltung in den Massen, die Isirnft des CQhfrits, die Leich.
tigkeit in der Behandlung machen nach Waagen dieses Werk zu
einem derjenigen, woraus die eigenthiirnliche Grüsse von liubens
besonders vorleuchtet. Nächst diesem ist das ebenfalls für dieselbe
Kirche gemalte und auch in der Gallone das Belveilere befindliche
Gegenstück, der hl. Franz der einen 'I'odten erweckt und liranlse
heilt, wegen ähnlicher Eigenschaften zu erwähnen. An diese bei-
den schliesst sich ein Altarblatt an, welches Rubens für die St.
Martinshirche in Alost gemalt hat. Auf dem oberen Theile des
Bildes siebt man den bl. Piochus der den ihm erscheinenden Hei-
land um Hülfe für die Pesthranlsen anfleht, welche, auf dem unteren
Theile des Bildes befindlich, ihre BliCliG sehnsüchtig nach oben wen-
den. Wie unwiderstehlich in Rubens der Drang zur Darstellung
starker Gegensätze, heftiger Bewegungen war, erhellet am deutlich-
sten aus der Art, wie er manche Gegenstände aufgefasst hat. So
enthält ein Bild, welches er für den Hauptaltar der Franziskaner
in Gent ausführte, folgende Vorstellung. Christus in den Wol-
ken schwingt im göttlichen Zorn den Blitzslrahl, um die sündige
Welt zu zerscbmettern, Maria fällt im liirbittend in den Arm und
deutet mit der Rechten auf ihre Brust, Franziscus hält schirmend
sein Gewand über die Weltkugel und fleht brünstig um Erbarmen
für die Sünder empor. Die Auffassung des Heilandes ist wenig
angemessen, aber abgesehen davon ist das Bild von ergreifender
Wirkung.
In seiner ganzen Grösse erscheint Rubens aber in solchen Ge-
gengtändeu, die wirklich eine dramatische Behandlung erfordern,
zumal bei welchen es recht eigentlich den Ausdruck gewaltiger
Kraft, heftig erregter Leidenschaften gilt. wo er sich also seinem
Genius mit "voller Begeisterqng hingeben kann. Waagen trägt kein