Bietschel ,
Ernst
Friedrich
Ludwig,
177
tragen. Im Jahre 182g begleitete er seinen Meister nach München,
wo er sich jetzt durch das rege liunststreben dieser Stadt so ange-
zogen fühlte, dass er beschloss, einige Zeit zu hleihen. Er nahm
bei der Auschniiickung des Giehclfeltles der Glyptuthek thiitigeti
Antheil, besonders durch Modellirung. Im Jahre 1332 wurde er
endlich Professur der Bildhauerei an der Akademie der liünste in
Dresden, und von dieser Zeit an schuf er zahlreiche Werke, die
zu den Zierden der Stadt gehören. Dahin gehöret die Statue des
Königs Friedrich August, colossal auf einem Thronstuhle, im Cu-
stiim der Zeit dargestellt, mit vier allegorischen Figuren an den
Ecken des Piedestals, die hdilde, Frömmigkeit, Weisheit und Ge-
rechtigkeit bezeichnend, grossiirtig in idealer Auflassung und sicher
charakterisirt. Diese Figuren hat Schrödl gegossen, der Guss der
Iiönigsstatue war aber 1840 zum zweitenmale misslungen. Der
dritte Guss wurde auf der Gisserei zu Lauchhaminer vorgenom-
men. Das Hiilfsmodell zu dieser Statue, mit den allegorischen
Gestalten, war schon 1831 vollendet. 1m Jahre 1859 vollendete
Iiietschel das Standbild des heil. Bonifacius, eine edle Gestalt, für
Fulda in Erz gegossen. Der Apostel der Deutschen hält mit dem
rechten Arme das heil. Kreuz empor, und in der Linken trägt er
das Evangelium. Auch das Theater und das neue Logengebäude er-
hielten durch Rietschel einen bedeutenden Schmuck. ln den Ni-
sehen vor dem Eingange des 'I'heaters sind die Statuen Göthe's
und Scliiillefs aufgestellt, und im Giebelfelde gegen den Zwinger
sind I5. meist frei stehende ITiguren in Sandstein von ihm und sei-
nen Schülern. Sie bilden eine symbolische Darstellung der dra-
iiiatischen liunst: vor Melpoinene entfaltet sich eine Scene aus den
Eumeniden des Aeschylos, Orestes von den Furien verfolgt. Auch
im Innern des Theaters sind Statuen und Reliefs von Bietschel
und Hänel. ln den drei Nischen der Facade des neuen Logensge-
biiudes sieht man drei kolossale Iiöpfe von Baurneistern, und im
Innern Figuren, lauter Werke BielschePs.
Iin Giebelfelde des Angiisteunis (Universität) zu Leipzig sind
von ihm schöne Hochreliefs, Allegorien auf die vier Fakultäten,
in den schönsten Gruppen von höchst bedeutsamen (lharakteren.
Der Genius der Wahrheit und des Lichts segnet die vier Fakultä-
ten, jede durch Lehrer und Schiller personificirt. Später, im Jahre
1858, begann er für die Aula der Universität einen Cyclus von 12
Reliefs, welche die Cullurgeschichte des Menschen darstellen. An
seinem eigenen Hause sieht man seit 1839 sechs von ihm selbst gear-
beitete Büsten grosser Iiünstler, und iiherdiess fertigte er auch
mehrere andere Portraite nach dem Leben, die, in sprechender
Aehnlichkeit, zu den Meisterwerken ihrer Art gezählt werden müs-
sen. Es sind darunter die Büsten des Iiönigs, des Herzogs Jo-
hann, u. s. w. An die oben erwähnten grösseren Arbeiten, die
theilweise erst in der neuesten Zeit ihre Vollendung erreichten,
reihen sich dann noch einige kleinere Bildwerlsevon diesem eben
so gemuthvollen als geistreichen Künstler: wie ein Basrelief, wel.
Chfä llüßb Göthe's Gedicht Charon vorstellt, eine kleine, ausgg-
zeichnet schöne Statue der Ceres in Marmor, eine Statuette der
Gerechtigkeit mit dem Buche in Bronze, u. a. Diese Statuette fer-
tigte Rietschel aus Auftrag des Herzogs Johann zur Erinnerung
an den Landtag von 185g. Es existiren davon nur 12 Exemplare,
die der Herzog, welcher damals der Cammer beiwohntc, vertheilte.
Auch zur Herstellung älterer Werke hat Hietschel thätige Hand
geboten. Im Jahre 185g restaurirte er das schöne gothische Portal
der Stiftskirche zu Dresden, und 1840 fertigte er die neue Turnba,
in welcher die Gebeine des Markgrafen Diezniann in der Paiili-
Nllglefs Iiürnttler-Lezn. Bd. XIII. 12